Freitag, 14. Mai 2004
Ulrich Kurz vom Reutlinger Generalanzeiger glaubt Russ-Scherer. Brigitte Russ-Scherer, Karl-Joseph Kuschel, der grüne Landtagsabgeordnete Boris Palmer, sowie Inge und Walter Jens blamieren Tübingen
abrenner, 10:58h
Die weiter unter dokumentierte Glosse stand im Reutlinger Generalanzeiger vom 11. Mai 2004. Ein Vorfall wird nicht zur Kenntnis genommen. Der Überbringer der schlechten Nachricht wird gehenkt. Drei Tage später, am 14. Mai 2004 erinnert sich auch der angebliche Gewährsmann Dr. Kurt Süttelin an den Eklat im Rathaus. Er schreibt in einem Leserbrief: "Unter dem Eindruck des sehr informativen, zu Herzen gehenden Films "Wege der Tübinger Juden hatte auch ich Mühe, die Rede der Oberbürgermeisterin und den Vortrag von Professor Kuschel in einen Zusammenhang mit dem Anlass der Begrüßung der ehemaligen Tübinger Juden in Verbindung zu bringen. Ein herzliches und auch nur höfliches Willkommen sieht nach meinem Gefühl anders aus. ... Dass das Ehepaar Jens laut Christoph Müller die ganze Aufregung nicht verstehen kann und irgendwie "ganz stolz auf unsere Stadt ist", muss man hinnehmen. Nicht hinzunehmen ist die berichtete Reaktion Boris Palmers auf die Antwortrede von Arnold Marque, dem er vorwirft, Begriffe aus dem Kaiserreich und der Nazizeit verwendet zu haben. ... Es tut mir außerordentliuch Leid, dass sich eine Persönlichkeit wie Arnold Marque in Tübingen einer solchen Anmaßung ausgesetzt sieht von einem Abgeordneten der Grünen, der wohl auch bei dieser Gelegenheit nichts anderes im Kopf hat, als gängige Vorurteile zu bedienen."
Dr. Barbara Wiedemann schreibt ebenfalls am 14.5.2004 in einem Leserbrief: "Wie schön, dass sich Inge und Walter Jens über die Bomben-Kinder-Rede ihrer Oberbürgermeisterin freuen können! Lob auch für Herrn Kuschel: "Das Thema meines Vortrags war mir von der Oberbürgermeisterin vorgegeben worden." - und da haben sie natürlich brav getan, was man von ihnen verlangt hat. Was wollen wir mehr?"
Und hier der unglaubliche Bericht im Reutlinger Generalanzeiger, in dem Ulrich Kurz als Sprachrohr der Oberbürgermeisterin versucht, alles als Wahlkampferfindung des Tübinger Stadtrats Anton Brenner abzutun. Dabei bringt derzeit in Deutschland das offene Eintreten für (ehemalige) jüdische Mitbürger alles andere als Wählerstimmen.
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Reutlinger Generalanzeiger, 11. Mai 2004:
Wer den Wind sät...
VON ULRICH KURZ
Wahlkampf kann auch Wahlkrampf sein. Seit längerer Zeit überschüttet Anton Brenner die Tübinger
Oberbürgermeisterin mit Vorwürfen, die zwar der Wirklichkeit nicht Stand halten, die aber über seine Leserbriefe immerhin in der Welt sind. Die jüngste Attacke, die er per E-Mail versandte, hätte die OB eigentlich nicht zu einer Stellungnahme veranlassen brauchen, wäre sie nicht direkt danach gefragt worden. Der Hintergrund: Bei dem Empfang ehemaliger Tübinger Mitbürger am Sonntagnachmittag auf dem Rathaus hatte Brigitte Russ-Scherer ein längeres Zitat von Dieter Forte verwendet, in dem es um dessen Erlebnisse eines Buben in einer Bombennacht in Düsseldorf ging. Die Angst und Panik der jüdischen Mitbürger habe lange vor den Bombennächten begonnen, so die Brücke der OB, vermittle dann zumindest ein Gefühl für die Situation. Wenn der Brückenschlag für manchen Zuhörer auch etwas gewagt sein mochte, Brenner konnte damit nicht viel anfangen. Mehr noch: Seiner Ansicht zufolge hat es »Unwillensbekundungen« gegeben, die OB sei »knapp an einem Eklat vorbeigeschrammt«. Mitnichten, sagen Beobachter der Szene. Russ-Scherers Vorgänger Eugen Schmid, als Meister des geschliffenen Worts bekannt, ließ sich gestern nur so weit vernehmen, »dass ich mit ihr über ihre Rede gesprochen habe«. Kurt Sütterlin hatte wie Schmid von einem Fast-Eklat nichts bemerkt. Der Tübinger FDP-Stadtrat hatte sich zwar gefragt, was das Kindheitstrauma Fortes mit dem Erleben und Erleiden der ehemaligen Tübinger Mitbürger zu tun haben mochte, führte aber die Assoziation der OB auf ihre tiefen Eindrücke von der Filmpremiere (»Wege der Tübinger Juden«, siehe nebenstehenden Bericht) zurück. Und Anton Brenner, der schamlos jede Lücke nutzt und sich, stets auf Kosten anderer, zu profilieren sucht? Er war gestern im Gegensatz zu den anderen Gesprächspartnern nicht zu erreichen. Vielleicht hat es so auch ganz gut in sein Konzept gepasst, vielleicht wird er auch ernten, was er gesät hat, am besten am 13. Juni.
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Leserbriefantwort von Anton Brenner, 12. Mai 2004:
Die Glosse „Wer Wind sät“ von Ulrich Kurz vom 11.5.04 ist an Gehässigkeit und Verdrehung der Wirklichkeit kaum zu überbieten. Die der Vernichtung entkommene Noemi Hamm, geborene Lion aus der Neckargasse 4 verließ unter Protest den Saal. Gegenüber dem Schwäbischen Tagblatt sagte sie, ihr sei „aus Ärger das Blut in den Kopf gestiegen“. Der Enkel des Rechtsanwalts und langjährigen Tübinger Stadtrats Simon Hayum, der Professor für Deutsche Geschichte Reynold Koppel sagte, ihm habe nicht gefallen, wie hier generalisiert wurde. Er habe sich schon fast daran gewöhnt, dass Deutsche sich an Dresden erinnern und dabei vergessen, was sie beispielsweise in Rotterdam angerichtet haben. Arnold Marque, Sohn des Vorbeters der jüdischen Synagoge in Tübingen, hielt eine harte Gegenrede, die ihm von Boris Palmer den ungeheuerlichen Vorwurf einbrachte, er spreche in der Sprache der Nazizeit. Die Tochter von Doris Doctor, geb. Bernheim, fragte, ob Deutschland nicht genug vor der eigenen Türe zu kehren habe. Das Schwäbische Tagblatt titelte: „Wie es zum Eklat beim Empfang der ehemaligen Tübinger Juden kam“. Chefredakteur Christoph Müller schrieb den Festrednern Kuschel und Russ-Scherer ins Stammbuch: „Aber Holocaust-Überlebende können sich unangenehm berührt fühlen von den wohlfeilen Besserwisser-Ratschlägen eines deutschen Professors. ... Noch auffälliger ist das Fettnäpfchen, in das die Tübinger Oberbürgermeisterin getreten ist, als sie den Juden mit der geborgten Stimme eines mittelmäßigen deutschen Literaten die Gegenrechnung aufmachte, ... Das ist, um es vornehm auszudrücken, ziemlich unsensibel. ... Die zu einer weiteren Ortsbesichtigung geladenen Juden jedenfalls haben alles Recht der Welt, die Ungeschicklichkeiten ihrer Gastgeber genauso zu empfinden, wie sie es empfunden haben.“ Kurz jedoch schreibt linientreu die Version der Oberbürgermeisterin, ich hätte die Unwillensbekundungen und den Beinahe-Eklat erfunden. Wenn jemand wie der Alt-Oberbürgermeister Dr. Eugen Schmid sagt, zu der Rede der Oberbürgermeisterin sage er lieber nichts, so kann man es nicht vernichtender ausdrücken. Ulrich Kurz nennt mich „schamlos“, weil ich bemerkt habe, was viele meiner Stadtratskollegen ignorierten, weil sie genauso denken wie die Oberbürgermeisterin. Auch andere Tübinger (ich sprach mit der Landtagsabgeordneten der SPD Rita Haller-Haid, mit meiner Fraktionskollegin Gerlinde Strasdeit, mit Jens Rüggeberg und Vertretern der Geschichtswerkstatt, mit Joseph Rothschild von der Jüdischen Gemeinde) taten etwas zur Ehrenrettung der Stadt, da sie auch bemerkt haben, was im Tübinger Rathaus ablief. Tübingen hat einen Fall „Jenninger“ und einen Fall „Martin Walser“.
Soweit der Leserbrief von Anton Brenner an den Reutlinger Generalanzeiger.
Unser Bild: Redakteur Kurz und Bürgermeisterin Ulla Schreiber (hier bei der Einweihung der TüArena, beim fraglichen Empfang im Rathaus war Kurz gar nicht anwesend). Ulla Schreiber machte bei der Rede ihrer Oberbürgermeisterin gar keinen glücklichen Eindruck.
Das Tübinger Wochenblatt schrieb am 13. Mai 2004:
..." Die gnadenlosen Kamera-Bilder einer erschütterten Theaterprinzipalin Ida Ehre auf der Gästetribüne des Parlaments beendeten das politische Leben des Philipp Jenninger. ... Alles ein paar Nummern kleiner, einige Jahre später und um so manches Tabu ärmer - oder leichtfertig erleichtert: Aber einen "Doppelten Jenninger" hat sich die Stadt jetzt beim traditionellen Empfang jüdischer Tübingen-Vertriebener geleistet, im Paarlauf eingesprungen von der gastgebenden Oberbürgermeisterin ind ihrem theologischen Festredner Karl-Joseph Kuschel."
Unser Bild: Brigitte Russ-Scherer (SPD), Oberbürgermeisterin von Tübingen, bei einer ihrer begnadeten Reden
Dr. Barbara Wiedemann schreibt ebenfalls am 14.5.2004 in einem Leserbrief: "Wie schön, dass sich Inge und Walter Jens über die Bomben-Kinder-Rede ihrer Oberbürgermeisterin freuen können! Lob auch für Herrn Kuschel: "Das Thema meines Vortrags war mir von der Oberbürgermeisterin vorgegeben worden." - und da haben sie natürlich brav getan, was man von ihnen verlangt hat. Was wollen wir mehr?"
Und hier der unglaubliche Bericht im Reutlinger Generalanzeiger, in dem Ulrich Kurz als Sprachrohr der Oberbürgermeisterin versucht, alles als Wahlkampferfindung des Tübinger Stadtrats Anton Brenner abzutun. Dabei bringt derzeit in Deutschland das offene Eintreten für (ehemalige) jüdische Mitbürger alles andere als Wählerstimmen.
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Reutlinger Generalanzeiger, 11. Mai 2004:
Wer den Wind sät...
VON ULRICH KURZ
Wahlkampf kann auch Wahlkrampf sein. Seit längerer Zeit überschüttet Anton Brenner die Tübinger
Oberbürgermeisterin mit Vorwürfen, die zwar der Wirklichkeit nicht Stand halten, die aber über seine Leserbriefe immerhin in der Welt sind. Die jüngste Attacke, die er per E-Mail versandte, hätte die OB eigentlich nicht zu einer Stellungnahme veranlassen brauchen, wäre sie nicht direkt danach gefragt worden. Der Hintergrund: Bei dem Empfang ehemaliger Tübinger Mitbürger am Sonntagnachmittag auf dem Rathaus hatte Brigitte Russ-Scherer ein längeres Zitat von Dieter Forte verwendet, in dem es um dessen Erlebnisse eines Buben in einer Bombennacht in Düsseldorf ging. Die Angst und Panik der jüdischen Mitbürger habe lange vor den Bombennächten begonnen, so die Brücke der OB, vermittle dann zumindest ein Gefühl für die Situation. Wenn der Brückenschlag für manchen Zuhörer auch etwas gewagt sein mochte, Brenner konnte damit nicht viel anfangen. Mehr noch: Seiner Ansicht zufolge hat es »Unwillensbekundungen« gegeben, die OB sei »knapp an einem Eklat vorbeigeschrammt«. Mitnichten, sagen Beobachter der Szene. Russ-Scherers Vorgänger Eugen Schmid, als Meister des geschliffenen Worts bekannt, ließ sich gestern nur so weit vernehmen, »dass ich mit ihr über ihre Rede gesprochen habe«. Kurt Sütterlin hatte wie Schmid von einem Fast-Eklat nichts bemerkt. Der Tübinger FDP-Stadtrat hatte sich zwar gefragt, was das Kindheitstrauma Fortes mit dem Erleben und Erleiden der ehemaligen Tübinger Mitbürger zu tun haben mochte, führte aber die Assoziation der OB auf ihre tiefen Eindrücke von der Filmpremiere (»Wege der Tübinger Juden«, siehe nebenstehenden Bericht) zurück. Und Anton Brenner, der schamlos jede Lücke nutzt und sich, stets auf Kosten anderer, zu profilieren sucht? Er war gestern im Gegensatz zu den anderen Gesprächspartnern nicht zu erreichen. Vielleicht hat es so auch ganz gut in sein Konzept gepasst, vielleicht wird er auch ernten, was er gesät hat, am besten am 13. Juni.
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Leserbriefantwort von Anton Brenner, 12. Mai 2004:
Die Glosse „Wer Wind sät“ von Ulrich Kurz vom 11.5.04 ist an Gehässigkeit und Verdrehung der Wirklichkeit kaum zu überbieten. Die der Vernichtung entkommene Noemi Hamm, geborene Lion aus der Neckargasse 4 verließ unter Protest den Saal. Gegenüber dem Schwäbischen Tagblatt sagte sie, ihr sei „aus Ärger das Blut in den Kopf gestiegen“. Der Enkel des Rechtsanwalts und langjährigen Tübinger Stadtrats Simon Hayum, der Professor für Deutsche Geschichte Reynold Koppel sagte, ihm habe nicht gefallen, wie hier generalisiert wurde. Er habe sich schon fast daran gewöhnt, dass Deutsche sich an Dresden erinnern und dabei vergessen, was sie beispielsweise in Rotterdam angerichtet haben. Arnold Marque, Sohn des Vorbeters der jüdischen Synagoge in Tübingen, hielt eine harte Gegenrede, die ihm von Boris Palmer den ungeheuerlichen Vorwurf einbrachte, er spreche in der Sprache der Nazizeit. Die Tochter von Doris Doctor, geb. Bernheim, fragte, ob Deutschland nicht genug vor der eigenen Türe zu kehren habe. Das Schwäbische Tagblatt titelte: „Wie es zum Eklat beim Empfang der ehemaligen Tübinger Juden kam“. Chefredakteur Christoph Müller schrieb den Festrednern Kuschel und Russ-Scherer ins Stammbuch: „Aber Holocaust-Überlebende können sich unangenehm berührt fühlen von den wohlfeilen Besserwisser-Ratschlägen eines deutschen Professors. ... Noch auffälliger ist das Fettnäpfchen, in das die Tübinger Oberbürgermeisterin getreten ist, als sie den Juden mit der geborgten Stimme eines mittelmäßigen deutschen Literaten die Gegenrechnung aufmachte, ... Das ist, um es vornehm auszudrücken, ziemlich unsensibel. ... Die zu einer weiteren Ortsbesichtigung geladenen Juden jedenfalls haben alles Recht der Welt, die Ungeschicklichkeiten ihrer Gastgeber genauso zu empfinden, wie sie es empfunden haben.“ Kurz jedoch schreibt linientreu die Version der Oberbürgermeisterin, ich hätte die Unwillensbekundungen und den Beinahe-Eklat erfunden. Wenn jemand wie der Alt-Oberbürgermeister Dr. Eugen Schmid sagt, zu der Rede der Oberbürgermeisterin sage er lieber nichts, so kann man es nicht vernichtender ausdrücken. Ulrich Kurz nennt mich „schamlos“, weil ich bemerkt habe, was viele meiner Stadtratskollegen ignorierten, weil sie genauso denken wie die Oberbürgermeisterin. Auch andere Tübinger (ich sprach mit der Landtagsabgeordneten der SPD Rita Haller-Haid, mit meiner Fraktionskollegin Gerlinde Strasdeit, mit Jens Rüggeberg und Vertretern der Geschichtswerkstatt, mit Joseph Rothschild von der Jüdischen Gemeinde) taten etwas zur Ehrenrettung der Stadt, da sie auch bemerkt haben, was im Tübinger Rathaus ablief. Tübingen hat einen Fall „Jenninger“ und einen Fall „Martin Walser“.
Soweit der Leserbrief von Anton Brenner an den Reutlinger Generalanzeiger.
Unser Bild: Redakteur Kurz und Bürgermeisterin Ulla Schreiber (hier bei der Einweihung der TüArena, beim fraglichen Empfang im Rathaus war Kurz gar nicht anwesend). Ulla Schreiber machte bei der Rede ihrer Oberbürgermeisterin gar keinen glücklichen Eindruck.
Das Tübinger Wochenblatt schrieb am 13. Mai 2004:
..." Die gnadenlosen Kamera-Bilder einer erschütterten Theaterprinzipalin Ida Ehre auf der Gästetribüne des Parlaments beendeten das politische Leben des Philipp Jenninger. ... Alles ein paar Nummern kleiner, einige Jahre später und um so manches Tabu ärmer - oder leichtfertig erleichtert: Aber einen "Doppelten Jenninger" hat sich die Stadt jetzt beim traditionellen Empfang jüdischer Tübingen-Vertriebener geleistet, im Paarlauf eingesprungen von der gastgebenden Oberbürgermeisterin ind ihrem theologischen Festredner Karl-Joseph Kuschel."
Unser Bild: Brigitte Russ-Scherer (SPD), Oberbürgermeisterin von Tübingen, bei einer ihrer begnadeten Reden