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Dienstag, 20. Januar 2004
Übrigens ... Erfolg ohne Väter
tuel-pds, 13:47h
Schwäbisches Tagblatt, Di 21. Januar 2004
Wenn der Erfolg viele Mütter und Väter hat, dann ist der gestern Abend beschlossene Tübinger Haushalt für das Jahr 2004 ein glatter Misserfolg. Denn niemand, keine Fraktion und nicht einmal die Stadtverwaltung, wollte sich zu ihm bekennen - obgleich er doch soeben mit Mehrheit erfolgreich verabschiedet wurde.
Einem Findelkind gleich kam also der Etat über den Rat und bot auch sonst wiederholt Anlass für märchenhafte Formulierungen. Die Kompromiss-Bemühungen des FDP-Stadtrats Dietmar Schöning durchaus angemessen würdigend, sprach etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Latus das Werk "Russ-Schöning" zu. Worauf sich der Liberale schlagfertig revanchierte: Der Herr "Pi-Latus" dürfe ruhig seine Hände in Unschuld waschen, das gräme ihn gar nicht.
Im Ernst ist die nun im zweiten Anlauf zustande gekommene Einigung nichts anderes als ein dürrer Kompromiss, das kleinere Übel. Aufbruch(stimmung) stand nicht zu erwarten. Abbruch (der Verhandlungen) war die schlechtere Alternative. Dieser Enthaltungs-Einsicht beugten sich letztlich hinreichend viele Fraktionsmitglieder von WUT und UFW. Damit schwächten sie das in erster Linie von CDU, FL und TÜL/PDS gebildete Lager der Ablehner und ließen auf diese Weise das Budget passieren.
Mehr noch als die vorweihnachtliche Beratung war die gestrige Etat-Debatte von wahltaktischen Überlegungen geprägt. Die Mehrheit von AL, SPD und FDP hielt es im Hinblick auf die Gemeinderatswahl am 13. Juni für angeraten, die allgemeine Finanzmisere lokal einzudämmen.
Auf der anderen Seite des Hauses mochten die Tübinger Christdemokraten - anders als ihre Parteifreunde im Berliner Vermittlungsausschuss - dafür keine (Mit-)Verantwortung übernehmen. Ähnlich der TÜL/PDS werden sie im Frühsommer als Rathaus-Opposition vor die Wähler treten und nicht müde werden zu betonen, dass es die Anderen waren, die mit aller Gewalt an der Grundsteuer drehten.
Um knappe zehn Prozent erhöhte der Rat diese, Hausbesitzer und indirekt auch Mieter treffende Abgabe. Als Schreckgespenst wird sie freilich nur dem erscheinen, der nicht nachrechnet: Die Kosten der Gesundheitsreform, allen voran die vierteljährlich zu entrichtende Praxisgebühr, treffen die Kassenpatienten härter.
Unterm Strich sind es nicht höhere Abgaben, sondern die zahlreichen Abstriche bei den städtischen Leistungen und Zuschüssen, die den Haushaltsplan 2004 charakterisieren. Dass dies alles andere als eine angemessene Entlohnung für das Engagement aktiver Bürger darstellt, ja den Durchhaltewillen von Selbsthilfegruppen schwächen kann, ist das größere Risiko.
Eckhard Ströbel
Wenn der Erfolg viele Mütter und Väter hat, dann ist der gestern Abend beschlossene Tübinger Haushalt für das Jahr 2004 ein glatter Misserfolg. Denn niemand, keine Fraktion und nicht einmal die Stadtverwaltung, wollte sich zu ihm bekennen - obgleich er doch soeben mit Mehrheit erfolgreich verabschiedet wurde.
Einem Findelkind gleich kam also der Etat über den Rat und bot auch sonst wiederholt Anlass für märchenhafte Formulierungen. Die Kompromiss-Bemühungen des FDP-Stadtrats Dietmar Schöning durchaus angemessen würdigend, sprach etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Latus das Werk "Russ-Schöning" zu. Worauf sich der Liberale schlagfertig revanchierte: Der Herr "Pi-Latus" dürfe ruhig seine Hände in Unschuld waschen, das gräme ihn gar nicht.
Im Ernst ist die nun im zweiten Anlauf zustande gekommene Einigung nichts anderes als ein dürrer Kompromiss, das kleinere Übel. Aufbruch(stimmung) stand nicht zu erwarten. Abbruch (der Verhandlungen) war die schlechtere Alternative. Dieser Enthaltungs-Einsicht beugten sich letztlich hinreichend viele Fraktionsmitglieder von WUT und UFW. Damit schwächten sie das in erster Linie von CDU, FL und TÜL/PDS gebildete Lager der Ablehner und ließen auf diese Weise das Budget passieren.
Mehr noch als die vorweihnachtliche Beratung war die gestrige Etat-Debatte von wahltaktischen Überlegungen geprägt. Die Mehrheit von AL, SPD und FDP hielt es im Hinblick auf die Gemeinderatswahl am 13. Juni für angeraten, die allgemeine Finanzmisere lokal einzudämmen.
Auf der anderen Seite des Hauses mochten die Tübinger Christdemokraten - anders als ihre Parteifreunde im Berliner Vermittlungsausschuss - dafür keine (Mit-)Verantwortung übernehmen. Ähnlich der TÜL/PDS werden sie im Frühsommer als Rathaus-Opposition vor die Wähler treten und nicht müde werden zu betonen, dass es die Anderen waren, die mit aller Gewalt an der Grundsteuer drehten.
Um knappe zehn Prozent erhöhte der Rat diese, Hausbesitzer und indirekt auch Mieter treffende Abgabe. Als Schreckgespenst wird sie freilich nur dem erscheinen, der nicht nachrechnet: Die Kosten der Gesundheitsreform, allen voran die vierteljährlich zu entrichtende Praxisgebühr, treffen die Kassenpatienten härter.
Unterm Strich sind es nicht höhere Abgaben, sondern die zahlreichen Abstriche bei den städtischen Leistungen und Zuschüssen, die den Haushaltsplan 2004 charakterisieren. Dass dies alles andere als eine angemessene Entlohnung für das Engagement aktiver Bürger darstellt, ja den Durchhaltewillen von Selbsthilfegruppen schwächen kann, ist das größere Risiko.
Eckhard Ströbel
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21 Stimmen reichten zur Mehrheit
tuel-pds, 13:35h
Schwäbisches Tagblatt, Di 20. Januar 2004
Von Sepp Wais
WUT und UFW ließen gestern Abend den Etat-Kompromiss von AL, SPD und FDP passieren
TÜBINGEN. Auch beim zweiten Anlauf zum Etat-Beschluss gab es im Tübinger Rathaus zwar noch allerhand Grundsätzliches zu erklären, dank intensiver Vorgespräche in informeller Runde aber nicht mehr viel zu verhandeln: Nach knapp zweistündiger Debatte war der Haushalt 2004 gestern Abend beschlossene Sache. Wie verabredet, ließen WUT und UFW das von AL, SPD und FDP geschnürte und zuletzt noch etwas nachgebesserte Kompromiss-Paket per Stimmenthaltung passieren. CDU, FL, TÜL/PDS und UFW-Rat Georg Kern blieben kategorisch bei ihrem Nein (siehe auch das ÜBRIGENS).
Das mühsamer denn je ausgehandelte Zahlenwerk umfasst Ausgaben und Einnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro. Kaum zehn Millionen davon entfallen auf den Vermögensetat, über 140 Millionen braucht die Stadt für den laufenden Betrieb (Verwaltungsetat). Obwohl der Rat den Entwurf des Kämmerers in diesem Bereich an vielen Stellen (insbesondere mit weiteren Ausgabenkürzungen und kosmetischen Korrekturen) abgeändert hat, gelang es ihm nicht, alle Löcher zu stopfen: Unter dem Strich blieb im Verwaltungsetat ein Minus von 1,4 Millionen Euro stehen.
Dieses absehbare Defizit wird mit einer entsprechenden Zuführung aus dem Vermögenshaushalt ausgeglichen. Damit rutscht die Stadt dort tiefer in die roten Zahlen. Zwar werden heuer einmal mehr die letzten freien Rücklagen (400000 Euro) und das städtische Grundvermögen (2,2 Millionen Euro) angezapft, trotzdem muss der Kämmerer zusätzliche Schulden in Höhe von 1,7 Millionen Euro machen, um alle Ausgaben finanzieren zu können.
Kernstück des Kompromisses, zu dem sich AL, SPD und FDP bereits im Dezember zusammengefunden hatten, den WUT und UFW aber erst jetzt hinzunehmen bereit waren, ist die heiß umkämpfte Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes von 410 auf 450 Punkte. Diese knapp zehnprozentige Steigerung bringt der Stadtkasse Mehreinnahmen von rund einer Million Euro. Des weiteren müssen die Tübinger mit einer deftigen (im Einzelfall bis zu 60-prozentigen) Erhöhung der Bestattungsgebühren rechnen, die im Detail aber erst noch festgelegt werden muss - und mit einem 20-prozentigen Aufschlag bei der Hundesteuer, der bereits im Vorjahr für 2004 beschlossen wurde.
Mindestens ebenso schmerzhaft werden viele Bürger die Kürzungen im sozialen, kulturellen und Sportbereich zu spüren bekommen. Hier werden die städtischen Zuschüsse um fünf Prozent reduziert, wobei noch nicht ausgemacht ist, wie viel die einzelnen Vereine und Einrichtungen bluten müssen. Neu hinzu kam gestern Abend eine fünfprozentige Kürzung der Schul-Budgets für Sach- und Lernmittel (minus 57000 Euro).
Weil derzeit nicht damit zu rechnen ist, dass die Stadt nächstes Jahr ihre Finanzkrise überstanden haben wird, kündigten die Etat-Koalitionäre gestern schon mal vorsorglich an, dass in 2005 die Zuschuss-Töpfe noch einmal um fünf Prozent geschröpft werden sollen. Ansonsten blieb es beim letzten Feinschliff der Haushaltskoalition bei den bereits am Freitag vermeldeten Nachbesserungen: Um es WUT und UFW leichter zu machen, von ihrem strikten Nein abzurücken, wurden an verschiedenen Etat-Ansätzen noch einmal fast 190000 Euro abgezwackt, die dann größtenteils (bislang unspezifisch) für die Förderung der Altstadt reserviert wurden.
Wenn es gestern im Rathaus überhaupt so etwas wie Zufriedenheit gab, dann nur darüber, dass die Hängepartie endlich zum Abschluss gebracht wurde. Selbst AL, SPD und FDP, die den Kompromiss eingefädelt und schließlich mit 21 Ja-Stimmen (inklusive OB und WUT-Rätin Inge Tressel) durchgebracht hatten, legten Wert auf die Feststellung, dass dies durchaus nicht ihr Wunschhaushalt sei. UFW und WUT ließen keinen Zweifel daran, dass sie nur deshalb stillhielten, damit die Stadtverwaltung handlungsfähig bleibe. Die 15 Neinsager von CDU, FL und TÜL/PDS (plus UFW-Rat Kern) wollten lieber gar keinen als den beschlossenen Etat.
Von Sepp Wais
WUT und UFW ließen gestern Abend den Etat-Kompromiss von AL, SPD und FDP passieren
TÜBINGEN. Auch beim zweiten Anlauf zum Etat-Beschluss gab es im Tübinger Rathaus zwar noch allerhand Grundsätzliches zu erklären, dank intensiver Vorgespräche in informeller Runde aber nicht mehr viel zu verhandeln: Nach knapp zweistündiger Debatte war der Haushalt 2004 gestern Abend beschlossene Sache. Wie verabredet, ließen WUT und UFW das von AL, SPD und FDP geschnürte und zuletzt noch etwas nachgebesserte Kompromiss-Paket per Stimmenthaltung passieren. CDU, FL, TÜL/PDS und UFW-Rat Georg Kern blieben kategorisch bei ihrem Nein (siehe auch das ÜBRIGENS).
Das mühsamer denn je ausgehandelte Zahlenwerk umfasst Ausgaben und Einnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro. Kaum zehn Millionen davon entfallen auf den Vermögensetat, über 140 Millionen braucht die Stadt für den laufenden Betrieb (Verwaltungsetat). Obwohl der Rat den Entwurf des Kämmerers in diesem Bereich an vielen Stellen (insbesondere mit weiteren Ausgabenkürzungen und kosmetischen Korrekturen) abgeändert hat, gelang es ihm nicht, alle Löcher zu stopfen: Unter dem Strich blieb im Verwaltungsetat ein Minus von 1,4 Millionen Euro stehen.
Dieses absehbare Defizit wird mit einer entsprechenden Zuführung aus dem Vermögenshaushalt ausgeglichen. Damit rutscht die Stadt dort tiefer in die roten Zahlen. Zwar werden heuer einmal mehr die letzten freien Rücklagen (400000 Euro) und das städtische Grundvermögen (2,2 Millionen Euro) angezapft, trotzdem muss der Kämmerer zusätzliche Schulden in Höhe von 1,7 Millionen Euro machen, um alle Ausgaben finanzieren zu können.
Kernstück des Kompromisses, zu dem sich AL, SPD und FDP bereits im Dezember zusammengefunden hatten, den WUT und UFW aber erst jetzt hinzunehmen bereit waren, ist die heiß umkämpfte Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes von 410 auf 450 Punkte. Diese knapp zehnprozentige Steigerung bringt der Stadtkasse Mehreinnahmen von rund einer Million Euro. Des weiteren müssen die Tübinger mit einer deftigen (im Einzelfall bis zu 60-prozentigen) Erhöhung der Bestattungsgebühren rechnen, die im Detail aber erst noch festgelegt werden muss - und mit einem 20-prozentigen Aufschlag bei der Hundesteuer, der bereits im Vorjahr für 2004 beschlossen wurde.
Mindestens ebenso schmerzhaft werden viele Bürger die Kürzungen im sozialen, kulturellen und Sportbereich zu spüren bekommen. Hier werden die städtischen Zuschüsse um fünf Prozent reduziert, wobei noch nicht ausgemacht ist, wie viel die einzelnen Vereine und Einrichtungen bluten müssen. Neu hinzu kam gestern Abend eine fünfprozentige Kürzung der Schul-Budgets für Sach- und Lernmittel (minus 57000 Euro).
Weil derzeit nicht damit zu rechnen ist, dass die Stadt nächstes Jahr ihre Finanzkrise überstanden haben wird, kündigten die Etat-Koalitionäre gestern schon mal vorsorglich an, dass in 2005 die Zuschuss-Töpfe noch einmal um fünf Prozent geschröpft werden sollen. Ansonsten blieb es beim letzten Feinschliff der Haushaltskoalition bei den bereits am Freitag vermeldeten Nachbesserungen: Um es WUT und UFW leichter zu machen, von ihrem strikten Nein abzurücken, wurden an verschiedenen Etat-Ansätzen noch einmal fast 190000 Euro abgezwackt, die dann größtenteils (bislang unspezifisch) für die Förderung der Altstadt reserviert wurden.
Wenn es gestern im Rathaus überhaupt so etwas wie Zufriedenheit gab, dann nur darüber, dass die Hängepartie endlich zum Abschluss gebracht wurde. Selbst AL, SPD und FDP, die den Kompromiss eingefädelt und schließlich mit 21 Ja-Stimmen (inklusive OB und WUT-Rätin Inge Tressel) durchgebracht hatten, legten Wert auf die Feststellung, dass dies durchaus nicht ihr Wunschhaushalt sei. UFW und WUT ließen keinen Zweifel daran, dass sie nur deshalb stillhielten, damit die Stadtverwaltung handlungsfähig bleibe. Die 15 Neinsager von CDU, FL und TÜL/PDS (plus UFW-Rat Kern) wollten lieber gar keinen als den beschlossenen Etat.
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