Dienstag, 23. März 2004
Tübinger Linke / PDS: Eine Chance für die SPD?
Die SPD allein kann das linke Wählerpotential nur noch in Ausnahmesituationen (gegen Irak-Krieg) mobilisieren. Die Neue Mitte ist sich zu fein, die Modernisierungs-Verlierer anzusprechen. Das nützt bisher dem rechten Pupulismus. Dass es auch andere Möglichkeiten gibt, beschreibt der SPD-Forscher Franz Walter in der Süddeutschen vom 22.3.2004:
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Wer gibt Danton an?

Linkspopulismus: eine Chance für die SPD / Von Franz Walter

Das Gespenst des Linkspopulismus geht um. Den Sozialdemokraten droht die Spaltung, es droht eine neue, gleichsam linksgewerkschaftliche Partei. Doch wovor fürchten sich die Sozialdemokraten so sehr? Die Antwort scheint banal zu sein, und man bekommt sie in schöner Regelmäßigkeit von den parteioffiziellen Funktionären zu hören: Spaltung bedeutet Schwächung des eigenen Lagers. Doch ist dies eine rein mathematisch-arithmetische Rechnung. Die politische Dynamik von Spaltungen verläuft oft anders, bringt nicht selten Bewegung in starre Fronten, eröffnet häufig neue Zugänge, erweitert vielfach gar das soziale und politische Gelände.

Man hat das schon bei der Gründung der "Grünen" beobachten können. Für die Sozialdemokraten bedeutete das bereits damals, in den frühen achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, eine Spaltung des linken Lagers. Und viele in der Schröder-Müntefering-Partei betrachten die Grünen noch heute als die ungezogenen, verwöhnten Kinder der großen sozialdemokratischen Kernfamilie. Und tatsächlich speisten sich die Anfangserfolge der Öko-Partei vom Fleisch des SPD-Elektorats. Dadurch dezimierten sich die sozialdemokratischen Wähleranteile beträchtlich; die Partei rutschte seit 1983 wieder unter die 40-Prozent-Grenze und verlor dadurch die Regierungsfähigkeit.

Aber die Grünen waren von Anfang an zugleich auch ein sozialkulturell genuin bürgerliches Projekt, eine Partei erst der Studenten, dann der akademischen Humandienstleister. Und als bürgerliche Formation erzielten sie bald erhebliche Erfolge in bürgerlichen Wohnquartieren, in Professorenvierteln, bei
Chefarztkindern, Apothekerehefrauen, Lehrerehepaaren. Das hat die FDP, die zuvor in diesen wohlständigen Milieus reüssierte, in den achtziger und neunziger Jahren erheblich geschädigt, hat sie flächendeckend unter die
Fünf-Prozent-Hürde gedrückt, hat der CDU auf diese Weise in vielen Bundesländern den entscheidenden Koalitionspartner genommen - und hat schließlich zur Minderheitenpositionen des altbürgerlichen Lagers 1998 und 2002 auf der nationalen Ebene geführt.

Die proletarisch-kleinbürgerliche SPD wäre allein nie mit Erfolg in die bürgerlichen Lebenswelten und Villengegenden eingedrungen. Sie brauchte dafür ein linkes, aber eben bürgerliches Vehikel, das neue Stimmen rekrutierte und dann mit den eigenen facharbeiterlichen Voten zur neuen Majorität von Rot-Grün addieren konnte. Kurz: Durch die Spaltung der Linken hatte sich ihr soziales Spektrum erheblich erweitert, war auch die traditionelle politische Isolation der Sozialdemokratie durchbrochen. Die Koalitions- und Bündnismöglichkeiten der Linken hatten sich fortan historisch bemerkenswert vermehrt.

Die Christdemokratie in Europa hat in den letzten 15 Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht. Kurze Zeit nach den postmaterialistischen-ökologischen Parteien bildeten sich europaweit auch rechtspopulistische Protestorganisationen um Le Pen, Haider, Pim Fortuyn und andere. Ihr erstes Opfer waren vor allem die konservativ-katholischen Parteien, deren frustrierte Wähler sich in Teilen der neuen Rechten anschlossen. Alle Welt glaubte damals, Anfang der neunziger Jahre, dass von dieser Spaltung der bürgerlichen Rechten die europäische Sozialdemokratie profitieren würde. Und es begann dann ja auch die Glanzzeit der "dritten Wege" und "neuen Mitten".

Doch die Neue-Mitte-Politik der Sozialdemokraten ließ die Unterschichten zurück: die alte Arbeiterklasse, die unorganisierten Arbeitslosen- und Sozialhilfegruppen der modernen Wissensgesellschaften. In diese Quartiere der neuen europäischen Unterschichten stießen jetzt die rechtspopulistischen Bewegungen vor, wozu die honoratiorenhaften altbürgerlich-christdemokratischen Parteien aus sich heraus von ihrer Establishment-Position nie in der Lage gewesen wären. Der neue Rechtspopulismus aber machte das bürgerliche Lager proletarischer, volkstümlicher, plebiszitärer. Er nahm dadurch den Sozialdemokraten große Wähleranteile fort und gliederte sie schließlich - etwa in den Niederlanden und in Österreich - in Regierungskoalitionen mit den konservativ-christdemokratischen Parteien ein. Erst die rechtspopulistische Spaltung des bürgerlichen Lagers also erweiterte, öffnete das bürgerliche Spektrum - und machte es erneut gegen die Linke mehrheitsfähig.

So ging es soeben auch in Hamburg bei den Bürgerschaftswahlen zu. Dort fungierten die Rechtspopulisten gleichsam als Zwischenwirt für die Wanderung der großstädtischen Unterschichten von der SPD in das bürgerliche Lager, in die CDU des Herrn von Beust. Das ist derzeit die Situation. Und das ist die entscheidende Ursache für die Malaise der Sozialdemokratie: sie hat sich von der Arbeiterklasse, von den Unterschichten der deutschen Gesellschaft abgekoppelt, mental weit entfernt, habituell scharf getrennt, materiell distinktiv abgehoben, politisch kühl distanziert. Keiner der gegenwärtigen Sozialdemokraten aus der Parteiführung ist noch in der Lage, das untere Fünftel der Gesellschaft auch nur stilistisch anzusprechen, ihre Lebenswelt zu repräsentieren und politisch auszudrücken. Und deshalb verliert die SPD Wahl um Wahl.

Insofern müsste die SPD im Grunde über eine zugkräftigen, dynamischen, attraktiven Linkspopulismus heilfroh, geradezu erleichtert sein. Denn das würde der deutschen Linken die Chance zurückgeben, entheimatete Wählerschichten zu erreichen, ohne die sie bei überregionalen Wahlen künftig nicht mehr mehrheitsfähig sein wird. Das Problem ist nur: die neuen Parteigründer, die sich bisher öffentlich für eine Abspaltung stark machen, taugen nicht zu einem linken Populismus. Sie sind nicht die geeigneten Volkstribune für die politisch, ökonomisch und kulturell obdachlosen Menschen in den randständigen Trabantenvierteln der urbanen Zentren. Die potenziellen Parteigründer auf der Linken sind vielmehr durchweg ordentliche Gewerkschaftsfunktionäre, die Wert auf Organisation, Programme, Stetigkeit, Disziplin, Verlässlichkeit und all dergleichen gediegene Facharbeiter-/Angestelltenmentalitäten legen.

Die Lebenserfahrungen und Alltagserlebnisse der neuen städtischen Unterschichten aber fallen aus diesem Ordnungsraster heraus, weil sie dafür viel zu unordentlich, programmindifferent, diskontinuierlich, rhapsodisch, unstrukturiert, auch hedonistisch und konsumistisch sind. Nicht der Typus des korrekten Angestellten, ob nun in Gestalt des zähen Aufsteigers Müntefering oder eines biederen und kreuzbraven linker Gewerkschaftsfunktionärs, eignet sich als ihr Held, sondern viel eher der ungebundene politische Außenseiter und Charismatiker, der machohafte Kraftbolzen und lustvolle oder gar verwegene Provokateur der Politik.

Diesen Typus an der Spitze braucht ein neuer Linkspopulismus, will er wirklich Erfolg haben. Gibt es ihn, dann werden die Karten in der Republik in der Tat neu gemischt. Und es ist keineswegs sicher, dass das linke Lager in diesem Fall weiter abschmilzt, dass die politische Rechte als Gewinner aus diesem Spiel hervorgeht. Das Gegenteil ist wahrscheinlich. Aber zu diesem Gegenteil muss man Mut, politische Energie, organisatorische Wucht und ganz unzweifelhaft eine rhetorisch kraftvolle, instinktsichere, eben unbekümmert populistische Danton-Gestalt ganz vorne haben.

Der Autor ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.68, Montag, den 22. März 2004 , Seite 13

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Anfragen zu Gerd Weimer, Eugen Höschele, Ulla Schreiber, Russ-Scherer und Christoph Müller
Anfragen zur Gemeinderatssitzung am 29. März 2004

1. Was wurde bisher für externe Beratung (von Artur Andersen bis unisys, sonstige externe Berater bei den Stadtbaubetrieben etc.) seit dem Jahre 1999 ausgegeben? Welche weiteren Ausgaben sind geplant?

2. Welche Kosten sind der Stadt Tübingen seit 1998 für das Depot-Gelände (Zinsen, Abrisskosten, Planungskosten) entstanden?

3. Welche Summe hat die Stadt Tübingen bisher für die Obere Viehweide bezahlt (Investitionskosten, Planungskosten, Grundstückskauf, Mietsubvention, abzüglich der Zuschüsse und Einnahmen)? Welche weiteren Ausgaben sind vorgesehen?

4. Welche Summe kommt jährlich auf den Haushalt der Stadt zu, wenn Sympore keine Miete mehr bezahlt? Was hat die Stadt Tübingen in Nachverhandlungen mit der L-Bank erreichen können? Beteiligt sich die L-Bank an den Mietausfällen? In welcher Höhe?

5. Wie hoch sind die bisherigen Ausgaben für den Leitbildprozess, einschließlich der Ausgaben für das Bürgerbüro, Büro Arras, Workshops, Open-Space-Seminare, Kosten in Zusammenhang mit der Bertelsmannstiftung ?

6. Wie hoch sind die bisherigen Ausgaben für die Parkhäuser in Loretto und im Französischen Viertel (Anwalts- und Prozesskosten, Kostenüberschreitungen, auch für das Boldt-Parkhaus)? Die Summe muss auch im Gemeinderat zur Sprache kommen, da die Kostenüberschreitungen der Stadtwerke die Gewinnabführung an die Stadt mindern.

7. Auf welche Summe belaufen sich die Kosten für die WIT seit dem Jahr 1999? Welche Summe hat die Stadt bisher für die Bio-Regio-Stern aufgebracht?

8. Was kostete die Stadt die Bewerbung um die „Stadt des Wissenschaft 2005“? Weshalb wurde der Gemeinderat umgangen? Welches Küchenkabinett hat die Vorlage beraten und ausgebrütet? Hat die Stadtverwaltung die Kritik: „In Kommunalverwaltungen, die im selben Zuge Stadtteilbibliotheken schließen, werden Referenten für Wissenschaftswettbewerbe abgestellt. Man kürzt die Mittel für Frauenhäuser, Schulbücher und Kindergärten, aber für Plakate und Broschüren zur Darstellung imaginärer Gebilde ist noch genug Geld da. Die PR-Abteilungen sind das letzte, was in diesem Land dicht gemacht werden wird, weil sich seine Elitendarsteller inzwischen überhaupt keinen höheren Wert als Öffentlichkeit mehr vorstellen können.“ (FAZ) zur Kenntnis genommen?

9. Welche Summe würde die Stadt Tübingen jährlich sparen, wenn die Stellen der Beigeordneten (der Bürgermeister Weimer, Höschele und Schreiber) gestrichen würden, was nach der Umorganisation der Verwaltung in ein Fachbereichsmodell mit „Führungsunterstützung“ und „Kompetenzcenter“ ja logisch und dankbar wäre?

10. Wird sich die Stadt Tübingen darum bemühen, dass sie Sammlung Christoph Müller in Tübingen bleiben kann, oder gelten weiter die negativen Einschätzungen, wie sie die Oberbürgermeisterin und Herr Riethmüller in einer Besprechung über eine mögliche Erweiterung der Kunsthalle im Jahre 2000 getroffen haben? Hat die Oberbürgermeisterin sich damit abgefunden, dass die Sammlung nach Berlin geht?


Anton Brenner
Stadtrat der Tübinger Linken / PDS

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Leserbrief: "Menschlich empörend"
Schwäbisches Tagblatt, Di 23.3.2004

Hier geht es um Tübingens Kulturpolitik im Allgemeinen und um das Verhältnis zwischen der Oberbürgermeisterin und dem Kulturamtschef im Besonderen (siehe auch die heutige 1. Lokalseite).

Die Stadt, in der laut FAZ (zitiert im TAGBLATT vom 18. März) Stadtteilbibliotheken geschlossen und gleichzeitig Referenten für den Wettbewerb "Stadt der Wissenschaft" abgestellt werden, ist ja wohl Tübingen. Man könnte dem noch einiges hinzufügen, zum Beispiel, dass dieser Möchtegern-Wissenschaftsstadt ein Ausflugslokal wichtiger ist als das Heranführen von Jugendlichen an Naturwissenschaften und die ungehinderte Weiterführung der Sternführungen in der Sternwarte; mal sehen, ob nach Öffnung des Lokals noch die Sternführungen für Kinder im Rahmen des Sommerferienprogramms möglich sind!

Noch ein zweites Manko macht Tübingen für eine Wissenschaftsstadt ungeeignet: die große Diskrepanz zwischen vorhandenem Fachwissen und dem Desinteresse der politisch Verantwortlichen, es für ihre Entscheidungen und damit zum Wohle der Bevölkerung zu nützen. Da veranstaltet die HNO-Klinik jährlich einen Anti-Lärm-Tag und informiert über die gesundheitlichen Schäden durch Lärm ? und wie reagiert die Stadtverwaltung darauf? Sie lässt immer noch mehr Lärm zu. Oder: Warum wurden die Astronomen nicht von vornherein wegen der Umgestaltungspläne für die Sternwarte konsultiert? Oder: Was sind dieser Stadt die Fachkompetenz, der Rat und das Engagement der Taubenfachfrau Petra Klingler wert?

Besonders krass tritt diese Diskrepanz zutage beim Umgang der derzeitigen Stadtspitze mit dem Stadtmuseum. Da gibt es zwei Fachleute: die Museumsmitarbeiterin, Frau Fastnacht, und den Kulturamtsleiter, Herr Setzler. Beide werden seit einiger Zeit wie nicht existent übergangen - und dies, obwohl Frau Russ-Scherer durch ihre Beurteilungen der Grafiksammlung und des Stadtmuseums selbst mehrmals demonstriert hat, wie wenig sie davon versteht, ja, dass ihr nicht einmal der Unterschied zwischen einem Museum und einer Ausstellungshalle und der zwischen Kultur- und Kunstgeschichte bewusst ist. Niemand verlangt von ihr, dass sie alles weiß. Aber man erwartet von ihr, dass sie sich Rat holt von den Fachleuten in ihrem eigenen Haus, um dann fachkundig fundierte Entscheidungen fällen zu können. Dass Herr Setzler nicht Mitglied der Delegation war, die Tübingen als "Stadt der Wissenschaft" präsentierte, spricht für sich. Wie Frau Russ-Scherer ihn und seine Mitarbeiter/innen behandelt, finde ich menschlich empörend und für Tübingens Kultur ausgesprochen schädlich.

Dr. Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10

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Mittwoch, 17. März 2004
Presse: "TÜL/PDS wählte Kreistagskandidaten"
Schwäbisches Tagblatt, Di 16.3.04

STEINLACHTAL (din). Die Tübinger Linke TÜL/PDS hat am Freitag ihre Kandidat(inn)en für die Kreistagswahl am 13. Juni aufgestellt: Im Wahlkreis Steinlach-Wiesaz führt die Uni-Personalrätin Birgit Jahn die Liste an. Auf der Mössinger Liste steht der langjährige Kreisrat Gerhard Bialas ganz oben.

Die Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkreis 3, Mössingen-Bodelshausen-Ofterdingen: 1. Gerhard Bialas, 2. Walburg Werner, 3. Karl Hartmeyer, 4. Heike Hänsel, 5. Joachim Nill, 6. Edeltraud Horn-Metzger, 7. Michael Schwarz, 8. Christoph Hentschel, 9. Christine Meinhardt, 10. Martin Drumm, 11. Ralph Barta, 12. Jens Rüggeberg

Wahlkreis 4, Steinlach-Wiesaz: 1. Brigitte Jahn, 2. Karl Hartmeyer, 3. Birgit Hoberg, 4. Bernd Melchert, 5. Michaela Rösler, 6. Fabian Brettel, 7. Rainer Bialas, 8. Michael Schwarz, 9. Alexander Schlager

Bemerkung: Brigitte Jahn, nicht Birgit!

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Presse: "Baurecht lässt keinen Spielraum"
Schwäbisches Tagblatt, Di 17.03.2004

Planungsausschuss gab sein Plazet zum Abriss des "Löwen" in Derendingen

TÜBINGEN (sep). Die Tage des traditionsreichen Gasthauses "Löwen" in Derendingen sind gezählt: Am Montag erklärte sich der Planungsausschuss des Tübinger Rats damit einverstanden, dass der Altbau abgerissen und durch zwei Mehrfamilienhäuser mit 15 Wohnungen ersetzt wird.

Als vor anderthalb Jahren bekannt wurde, dass eines der ältesten Wirtshäuser von Derendingen der Spitzhacke zum Opfer fallen soll, sorgte diese Nachricht nicht nur bei den Stammkunden und Anwohnern für Ärger: Im ganzen Ort regte sich - organisiert vom Bürgerverein - Widerstand, der sich in zahlreichen Leserbriefen ans TAGBLATT und schließlich in tausend Protestunterschriften niederschlug. Um den drohenden Abriss zu verhindern, erbot sich sogar die Besitzerfamilie der benachbarten Flaschnerei Friesch, die geschichtsträchtige Wirtschaft samt Kegelbahn und überdachter Laube zu kaufen.

Doch daran hatte die Tübinger Dr. Zeidler GmbH, die das Eckgrundstück zwischen Löwen- und Jurastraße erworben hatte, kein Interesse. Die Bauträger-Gesellschaft plante dort zunächst einen kompakten Neubau mit drei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss. Weil sie mit dieser Maximalvariante im Technischen Rathaus nicht durchkam, legte sie nun eine deutlich reduzierte Planung vor.

Danach sollen jetzt zwei von einander abgesetzte Mehrfamilienhäuser, eines an der Löwenstraße, eines an der Jurastraße, mit jeweils zwei Vollgeschossen und einem ausgebauten Dachgeschoss errichtet werden. In beiden Gebäuden (mit gemeinsamer Tiefgarage) ist für insgesamt 15 Eigentumswohnungen Platz - sechs Einzimmerwohnungen und jeweils drei Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen.
Auch diese Version stieß am Montag im Planungsausschuss, wo der alten Wirtschaft wieder manche Träne nachgeweint wurde, auf Vorbehalte - vor allem auf diesen: Wenn man in der unmittelbaren Nachbarschaft mehrerer Betriebe zwei Wohnhäuser ansiedle, so sorgten sich etliche Stadträte, programmiere man damit massive Konflikte wegen der wohl unvermeidlichen Lärmbelästigung für die künftigen Bewohner der neuen Häuser.

Doch diesen Einwand ließ Werner Hermann, der Leiter des Baurechtsamtes, nicht gelten: "Das Gewerbe muss sich an die für ein Mischgebiet geltenden Lärmgrenzen halten." Auch den Appell von TÜL/PDS-Rat Gerhard Bialas, sich den "Sachzwängen" des Investors nicht zu beugen und den Abriss des "Löwen" mit einem Veto zu blockieren, wies Hermann entschieden zurück: "Der Bauträger hat einen Anspruch auf die Genehmigung seines Vorhabens, das Baurecht lässt uns da keinen Entscheidungsspielraum."

So sahen es am Ende fast alle Stadträte in der Runde: Gegen die Stimmen von Gerhard Bialas und Ulrike Gottschalk (FL) erklärte sich der Ausschuss mit großer Mehrheit mit dem Bau der beiden Wohnhäuser einverstanden. Die Zeidler GmbH will nun den "Löwen" spätestens im Sommer abreißen.

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Montag, 15. März 2004
Weshalb Wickert und Stratthaus so freundlich zu Russ-Scherer sind
Zum trickreichen Leserbrief von Klaus te Wildt (15.3.03)

Der Chefideologe der Rathausmehrheit schreibt: „Mit weichen Standortfaktoren ist niemand zu locken, wenn es nicht auch harte Faktoren, sprich Arbeitsmöglichkeiten gibt.“ Sein Trick: Er erklärt die harten Standortfaktoren zum Ziel. Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen ist jedoch das Ziel, das mit weichen und harten Standortfaktoren erreicht werden soll. Unter harten Standtortfaktoren versteht man die Bereitstellung von Flächen und auch Subventionen. Weiche Standortfaktoren sind maßvolle Steuern und Gebühren, gute Schulen, Kultur und Kinderbetreuung.

Worüber streiten wir? Die große Rathausmehrheit von SPD, CDU, UFW, AL, WUT und FDP sagt: Wir stellen Gelände zur Verfügung (da sind wir noch dabei) und subventionieren den Aufbau des BioTech-Standorts Tübingen. Mit den damit entstandenen 3500 neuen Arbeitsplätzen können wir dann die Kinderbetreuung finanzieren. Da die Kosten für die harten Standortfaktoren aus dem Ruder gelaufen sind, müssen wir eben bei der sozialen Infrastruktur kürzen.
Wir sind für einen Paradigmenwechsel (diesen Begriff verwende ich nur als Dankeschön an Hans Küng für seinen Leserbrief über die Tagblatt-Berichterstattung): Weiche Standortfaktoren wie Kinderbetreuung, gut ausgestattete Schulen und die Uni geben heute den Ausschlag, ob sich High-Tech-Firmen und junge Wissenschaftlerinnen in Tübingen ansiedeln. Hier zu sparen, um im Subventionswettkampf mitzumischen, ist Selbstmord.

Weshalb schaden uns Subventionen?
1. Falscher Zeitpunkt (Gegenteil von Kairos). Fünf vor Zwölf die Spekulationsblase zu bedienen wird mit einer Verlustquote von 95 Prozent oder ewigem Parkauszwang im automatischen Teil des Französischen Viertels bestraft.
2. Umzug und lokale Abwerbung schaffen keine Arbeitsplätze. Die bisherigen gewerblichen Vermieter zahlen dann noch weniger Steuern und müssen Leute entlassen.
3. Wenn Uni-Institutsteile als GmbHs in die Obere Subventionsweide einziehen, zahlt Tübingen an das Land und die Uni über Mietsubventionen. Früher war es umgekehrt. Wenn ich Finanzminister oder Regierungspräsident wäre, verhielte ich mich noch freundlicher zu Brigitte Russ-Scherer als Wickert und Stratthaus.

In anderen Städten vertreten auch Politiker von CDU, SPD, FDP und der Grünen unsere moderne Konzeption und halten von den Subventionen von Gestern nichts mehr. Längst sind vorausdenkende Städte im Wettbewerb um junge Familien mit Kindern. Wo Kinder als Störfaktoren für die Karriere und die Event-Kultur in der Altstadt angesehen werden, geht es etwas länger. Vielleicht bringt der Stimmzettel am 13. Juni einen Stimmungsumschwung?

Anton Brenner
Stadtrat der Tübinger Linken

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Brenner ist Frontmann in Rottenburg
Schwäbisches Tagblatt, Mo 15. März 2004

ROTTENBURG (din). Am Freitag nominierte die Wählervereinigung Tübinger Linke (TÜL)/ PDS ihre Kandidat(inn)en für die Kreistagswahl am 13. Juni. Im Wahlkreis Rottenburg ist Anton Brenner Spitzenkandidat. Der wissenschaftliche Lehrer für die Fächer Deutsch und katholische Religion sowie Hobby-Weingärtner ist Stadtrat in Tübingen und gehörte 1990 zu den baden-württembergischen Gründungsmitgliedern der PDS. Die weiteren Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkreis Rottenburg sind: 2. Christine Meinhardt, 3. Bernhard Strasdeit, 4. Adelheid Schlott, 5. Günter Kehrer, 6. Christa Bialas, 7. Ali Schmeissner, 8. Ursula Langos, 9. Otto Rössler, 10. Alexandra Müller, 11. Frederico Elwing, 12. Dorothea Mann, 13. Alexander Schlager, 14. Christoph Bröckl, 15. Kristian Hartmeyer.

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