Donnerstag, 5. August 2004
Leserbrief: "Sieg der Vernunft mit zukunftsweisendem Charakter"
Schwäbisches Tagblatt, Mi 4.8.04

Wie Recht Anton Brenner doch hat: Das System funktioniert. Die Frage ist, wie lange lässt die Bevölkerung sich dies noch gefallen? Egal ob Ackermann, Esser, Schrempp oder Ron Sommer, rücksichtslos und voller Gier füllen sie sich ihre Taschen mit Millionenbeträgen. Kanzler Schröder nennt den Abschluss bei Daimler-Chrysler einen "Sieg der Vernunft mit zukunftsweisendem Charakter". So sieht hier zu Lande inzwischen Vernunft und Zukunft aus.

Getreu den Vorbildern aus Kabinett und Kapital füllen sich die drei Direktoren der Stadtwerke ebenso ungeniert ihre Taschen. Natürlich sind die drei Herren arme Würstchen im Vergleich zu ihren großen Vorbildern, für die 95 000 Euro Jahresgehalt plus 25 000 Euro Jahresprämie Peanuts wären. Nur tüchtig angestrengt, es kann noch besser werden.

Den "kleinen Leuten" werden rücksichtslos die Taschen geleert, egal, ob in den Kliniken, bei den Stadtwerken, bei der Stadt, bei den Rentnern; selbst vor den Arbeitslosen wird nicht Halt gemacht. Hartz IV lässt grüßen.

Wenn diese ganzen Ferkeleien und der Filz dann von Anton Brenner öffentlich gemacht werden, ist das Entsetzen der feinen Leute groß. Den beiden Juristen und Spezialdemokraten (SPD) Oberbürgermeisterin Russ-Scherer und Richter a. D. Hans Schreiber fällt dann nichts anderes ein, als von "Unverschämtheit" (Russ-Scherer) zu reden oder für eine "medizinische Gehirnuntersuchung" (Schreiber) zu plädieren. Natürlich möchte Schreiber auch noch "die Gaspreise nach oben drehen", damit auf dem Rücken der "kleinen Leute" die Herren Direktoren ihre Taschen noch hemmungsloser füllen können. Richter a. D. Schreiber sollte wissen, dass gerade wir Deutschen mit Gas und Gehirnuntersuchungen besonders sensibel umgehen sollten.

Noch ein Tipp für OB Russ-Scherer: Sicherlich ist ihr klar, dass sie in Tübingen nicht mehr gewählt wird. Vodafone sucht noch Leute, die hemmungslos
abkassieren wollen. Wie wär's mit einer Bewerbung?

Der etwas andere Jurist, Kurt Tucholsky, schrieb vor längerer Zeit, was heute noch Gültigkeit hat: "Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht."

Martin Hank, Tübingen, Otto-Erbe-Weg 90