Dienstag, 5. Oktober 2004
TüArena: Offener Brief von Anton Brenner
An den Vorsitzenden der TSG Tübingen
Hanns-Peter Krafft
Bronnackerstr. 14
72072 Tübingen

5. Oktober 2004

Ihr Schreiben vom 1. Oktober 2004


Sehr geehrter Herr Krafft,

Sie verbinden den Dank der TSG an alle Stadträte, die den Bau der TüArena mitbeschlossen haben mit einer Polemik gegen eine angeblich „unsägliche Diskussion der Mehrkosten“. Sie äußern die „Sorge, dass überregional anerkannte Fachleute in Zukunft es vermeiden werden, ihre Reputation durch kommunalpolitische Auseinandersetzungen in Tübingen beschädigen zu lassen.“ Vermutlich meinen Sie damit den Projektsteuerer Stottele, den Architekten Wappner und die Oberbürgermeisterin Russ-Scherer.

Im letzten Fall teile ich Ihre Befürchtung oder verdeckte Hoffnung nicht. Frau Russ-Scherer hätte jedoch dem Projekt mehr genützt, wenn sie jedes Mal, wenn sie den Mund aufmachte, die Wahrheit gesagt hätte. Es war unnötig, dem Gemeinderat gegenüber zu behaupten, in der Ausschreibung vom 6. März 2002 seien keine konkrete Zahlen und eine Netto-Summe genannt gewesen. Schwarz auf weiß lag mir als Fragesteller die Ausschreibung einer Halle von 7 Meter Höhe zu einem Preis von 6,5 Millionen Euro brutto vor.

Damit lag der Preis schon 500 000 Euro über dem Beschluss des Gemeinderats vom Herbst 2001 und niemand hätte es für möglich gehalten, dass der überregionale Fachmann Stottele eine Dorfhalle mit 7 Meter Höhe, in der kein Basketball-Bundesligaspiel hätte stattfinden können, ausschreibt.

Dass die Kosten nach der Salamitaktik dann auf 6,5 Millionen netto, später auf 8,5 Millionen netto und jetzt auf 9 Millionen netto stiegen, wird heute mit einer üblichen Kostensteigerung von 5 Prozent vornehm umschrieben. In der Kostenrechnung fehlen noch die Mehrausgaben, die bei den Stadtwerken versteckt werden. Entgegen der ursprünglichen Planung muss die Freibadheizung erweitert werden. Die senkrechte Solarfassade auf der Westseite mit einem Wirkungsgrad, der uns den Spott der ganzen Republik einbringen wird, geht zu Lasten der Gewinnabführung an die Stadt oder wird durch erhöhte Strom- und Gaspreise von den Bürgern bezahlt. Wir werden also auf über 10 Millionen Euro netto oder eine Kostensteigerung von 100 Prozent kommen.

Die Drittelfinanzierung seitens der Vereine und Sponsoren war von Anfang an eine Luftbuchung. Dafür muss die Stadt jetzt das Tafelsilber, Grundstücke und Gebäude, verkaufen: Bei den derzeit historisch niedrigen Preisen und Zinsen eine dümmere Variante als Kreditaufnahme.

Wer dazu schweigt, wer diese Entwicklung kritiklos abnickt oder beschönigt, oder gar Kritiker beschimpft, der handelt unsäglich „in der Demokratie“. Und leider gehören Sie, Herr Krafft, mit ihrem Brief dazu.

Beste Grüße
Ihr

Anton Brenner
Fraktionsvorsitzender der TüL/PDS
TSG-Mitglied, Hallenbefürworter und kritischer Begleiter der unsäglichen Pannen seitens der Verwaltungsspitze und Projektsteuerung.