Montag, 15. November 2004
Anton Brenner: Zur neuesten Verlautbarung des Elferrats der Stadtwerke Tübingen
Si tacuisses, philosophus mansisses. (nach Boethius)
Hedsch dei Gosch g’halda, hedde dr Bosch b’halda. (schwäbische Überlieferung)


Mit Datum vom 11.11.04 verschickten die Stadtwerke Tübingen eine Mitteilung, nach der die tatsächliche „Tarifanpassungsrate“ (Euphemismus für Preiserhöhung) des Tübinger Stadtverkehrs 3,514 % betrage und damit 0,3 % unter der Naldo-Tariferhöhung liege.

In meiner Kreisecke vor zwei Wochen hatte ich geschrieben: „Der Kreis Tübingen war beteiligt an der Naldo-Fahrpreiserhöhung von 3,8 Prozent. So treibt man die Menschen von der Schiene auf die verstopften Straßen zurück. Die Stadt Tübingen wollte mit 4,7 Prozent noch eins draufsetzen. Da die städtischen Finanzgenies jedoch Schwierigkeiten mit Brutto und Netto haben und Äpfel und Birnen addieren, zählten sie die geplanten Einnahmen für ein neues Stadtverkehrsprodukt zu die Preissteigerungen. Und da alles ganz schnell gehen musste, um meinen Vertagungsantrag zu Fall zu bringen, landete die Stadt ungewollt mit 3,6 Prozent unter der Naldo-Preiserhöhung. Weiter so!“

Herr Schwarz von den Stadtwerken fabuliert dagegen im Schreiben vom 11.11. 04: „Um die Auswirkungen von Tarifanpassungen nach den neuesten Verträgen darzustellen und eine Durchschnittsrate errechnen zu können, sind zwischenzeitlich komplexe Berechnungsschemata mit Zwischenrechnungen notwendig. Aufgrund dieser Komplexität war zum Zeitpunkt der VBR-Sitzung weder naldo noch dem SVT bewusst, welche Auswirkungen durch eine Veränderung von Einzelpreisen im Gesamtgebilde entstehen werden.“

Die fällige Strafe für die Unterschreitung der Naldo-Tarife bleibt der Stadt Tübingen laut Schwarz erspart, denn: „Naldo hat uns mitgeteilt, dass sie sich für die nicht beabsichtigte, unterproportionale Tarifanpassungsrate beim SVT-Tarif mitverantwortlich sehen.“

Tatsächlich hatten die anwesenden Kapazitäten der Stadtwerke bei der Verkehrsbeiratssitzung am 12. Oktober 2004, Herr Prokurist Schwarz und der kaufmännische Direktor Wiebeke, ein neues Produkt der Stadtwerke, die „Tageskarte Solo (NEU an 01.01.2005)“ mit geplanten Einnahmen von 21 600 Euro zu den Summen der Preiserhöhungen addiert. Damit sind sie auf den Wert von 4,2 % Preiserhöhung oder 0,4 % über der Naldo-Preiserhöhung gekommen. In der Sitzung habe ich schon gesagt, dass maximal 3,6% herauskommen und zumindest mein Nebensitzer Schreiber (SPD) hat kapiert warum. Das Schwäbische Tagblatt hat natürlich treudoof die Sprachregelung der Stadtwerke übernommen und von 4,2 % berichtet.

In normalen Wirtschaftsbetrieben werden Prokuristen und kaufmännische Direktoren, die Umsatzerwartungen durch neue Produkte zu den Preiserhöhungsraten addieren, gefeuert. Anders bei der Stadt Tübingen. Deshalb mein Vorschlag für die nächste Elferrats (VBR)-Sitzung: Bei künftigen Preiserhöhungen von Naldo könnten die kaufmännischen Direktoren und Prokuristen ja einige neue Produkte erfinden und auf jede Preiserhöhung bei den alten Produkten verzichten. Sie kämen wegen der „komplexen Berechnungsschemata“ sicher auf eine Gesamtpreiserhöhung, die über der Naldo-Erhöhung läge.

13. 11. 2004
Anton Brenner