Sonntag, 19. Dezember 2004
Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer propagiert prozyklischen Blödsinn. Gemeinderatsmehrheit folgsam wie die Lemminge.
Zu dem Workshop vom 16.12.2004 - Die Sparvorstellungen der Tübinger Stadtverwaltung im Verwaltungshaushalt.

1. Die Stadt will im Jahr 2005 mindestens 4,88 Millionen mehr einnehmen bzw. einsparen (Variante 0):

Mehreinnahmen:
1,7 Mio durch die vollständige Auszahlung des Gewinns der Stadtwerke
200 000 durch Mieterhöhungen der GWG
200 000 durch Abzockerei bei Geldbußen und Verwarnungsgelder
390 000 durch eine optimistischere Veranschlagung der Gewerbesteuereinnahmen

Minderausgaben durch drei Luftbuchungen, über die das Regierungspräsidium hinwegsehen muss:
1,4 Mio globale Minderausgabe im Personalbereich
140 000 durch Hartz IV
850 000 durch eine Umbuchung der Gebäudeunterhaltung in den Vermögenshaushalt

Kaufkraftentzug für Tübinger Bürger und Betriebe: 400 000 Euro

2. Die Idealvorstellung der Stadtverwaltung wäre, wenn folgende Mehreinnahmen bzw. Minderausgaben dazukämen (Gesamteinsparung 7,13 Mio) – Variante 2:

Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf die Spitze von 500%: 1,2 Mio
Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 370%: 430 000
Erhöhung der Kindergartengebühren: 50 000

Einsparung beim Schulbudgets: 170 000
Pauschale Kürzung bei Kultur- und Sozialvereinen: 200 000
Reduzierung der Verwaltungsöffnungszeiten: 200 000

Kaufkraftentzug für Tübinger Bürger, Vereine und Betriebe: 2 280 000 Euro

3. Realisierbar sieht die Verwaltungsspitze offenbar die Variante 3 (Einsparvolumen 6,42 Mio):

Zur Variante 0 kommen:
Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf 490%: 960 000
Erhöhung des Gewerbesteuersatzes auf 370%: 430 000
Erhöhung der Kindergartengebühren: 50 000

Pauschale Kürzungen für Sozial- und Kulturvereine: 100 000

Kaufkraftentzug für Tübinger Bürger, Vereine und Betriebe: 1 940 000 Euro

Als weitere Einsparungsmöglichkeiten tauchen im Verwaltungsvorschlag auf:

Zurückstellung des umstrittenen Lichtkonzepts und Touristen-Leitsystem
Schließung des Zimmertheaters
Aufgabe von Mitgliedschaften
Reduzierung der Bürgermeister auf 2
Reduzierung der Amtsleitungen

Die Vorstellungen der Tübinger Linken / PDS knüpfen bei den letzten Punkten an:

Die Spielwiese der Baubürgermeisterin (Lichtkonzept, Edelstahl-Leitsystem) kann vorläufig geschlossen werden.
Die Mitgliedschaften in der Bio-Regio-Stern und in der Standortagentur können ohne negative Folgen beendet werden.
Die Bürgermeisterposten können nach Umstellung auf das Fachbereichssystem mit matrixorientierter Führungsreserve auf 0 reduziert werden. Ebenso könnten die Stadtwerke Tübingen wie früher mit einem Direktor (100 000 Euro pro Jahr statt 300 000) auskommen.
Bei den Amtsleitungen gibt es vielleicht wieder einmal mehr Luft, wenn wieder einmal einer Bischof wird. Die externen Berater haben bisher nichts dazu beigetragen und können sofort eingespart werden.

Wie Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WIT) kann ersatzlos dicht gemacht werden. Niemand würde etwas davon merken. Die dort gebunkerten 2 Millionen Euro können das Loch im Vermögenshaushalt schließen, das durch die Luftbuchung „Sponsoring TüArena“ gerissen wurde. Es ist ökonomisch blödsinnig in einer Niederzinsphase Geld anzulegen und zur Deckung der Haushaltslöcher Immobilien zu verkaufen. Gleichzeitig wirft ja auch das Land Immobilien auf den Markt, mit der Folge, dass die Immobilienpreise noch weiter in den Keller gehen. Da hätte die Stadt mehr davon, weiter Miete zu kassieren und sich mit historisch günstigen Krediten über Wasser zu halten.

Die beste Wirtschaftsförderung für Tübingen besteht darin, dass sich die Stadt auf ihre Kernkompetenz beschränkt und eine vernünftige Infrastruktur bei moderaten Gebühren, Steuern und Tarifen anbietet. Mit Spekulationsabsichten am Immobilienmarkt (Bracheentwicklung, Ecocity) und Investitionsruinen (Technologiepark) kann sich die Stadt nur zum wiederholten Mal eine blutige Nase holen.

Die Sparvorstellungen der Stadt bestehen entweder aus Haushaltskosmetik und Luftbuchungen oder sie verstärken prozyklisch die Nachfrageschwäche durch Steuererhöhungen, Abzockerei und Lohnkürzungen. Diesen ökonomischen Unsinn machen wir nicht mit.

Wenn die Stadtverwaltung und die Gemeinderatsmehrheit ihre „heiligen Kühe“ (Bürgermeister, WIT, Technologiepark, externe Berater) der Haushaltskonsolidierung zur Verfügung stellen, sind wir gerne zu einer konstruktiven Mitarbeit bereit.


18. Dezember 2004
Anton Brenner. Fraktionsvorsitzender der Tübinger Linke