Mittwoch, 19. Januar 2005
Wird Tübingen "Stadt der Wissenschaft 2006" mit einem Projekt im Haus des Blut- und Boden-Professors Theodor Haering? Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer will die Sympathien der Tübinger Rechten nicht verspielen und zögert die Umbenennung hinaus. Die Angst vor dem Gmelin-Riethmüller-Jordan-Clan ist groß.
abrenner, 18:34h
Wer die Ehrenbürgerschaft von WalterJens in Frage stellen wolle, dem riet das Schwäbische Tagblatt vor 14 Monaten "sich . . . in die Schriften eines Theodor Haering zu versenken, eines ,Blut- und Boden'-Professors an der hiesigen Universität, der - so dessen Wortwahl - ,Philosophie als geistige Rassenkunde' betrieben wissen wollte." Selbst er sei Tübinger Ehrenbürger geworden.
Hans Gmelin, der frühere Oberbürgermeister von Tübingen, der sicher auch irgendwann einmal aus Versehen einen Wisch unterzeichnet hatte, verschaffte diesem Rasseideologen die Ehrenbürgerschaft gegen Vererbung der Hauses in der Neckarhalde, des heutigen Theodor-Haering-Hauses, sehr zum Ärger der heute noch lebenden Verwandtschaft.
Kern der Tübinger Bewerbung für die Stadt der Wissenschaft 2006 ist das Tübinger Haering-Haus, das zum Haus des Wissens werden soll. Haering war Tübinger Ordinarius für Philosophie und flog 1945 wegen seiner rassistischen und antisemitischen Tiraden hochkant von der Uni.
Die Tübinger Linke / PDS beantragte am 13. Dezember 2004, das Theodor-Haering-Haus in Simon-Hayum-Haus umzubenennen. Hayum war Tübinger Jude, Rechtsanwalt und Stadtrat der Liberalen, bis er von den Tübinger Nazis vertrieben wurde. Der Antrag wurde damit begründet, dass es der Tübinger Bewerbung für die Stadt der Wissenschaft 2006 nur schaden könne, wenn ruchbar werde, dass das zu fördernde Objekt den "Ehrennamen" eines der widerwärtigsten Nazi-Ideologen führe. Die Oberbürgermeisterin reagierte sofort. Sie werde den Antrag ins Verfahren nehmen. Geschehen ist bisher allerdings nichts und auch das Schwäbische Tagblatt schweigt beredt.
Die Umbenennung sollte bis zur Entscheidung der Jury über die Bewerbung der Stadt Tübingen abgeschlossen sein, bevor Tübingen noch mehr ins Gerede kommt. Tübingen hat mit seinen Ex-NSdAP-Ehrenbürgern und SS-Schergen wie dem "Schlächter von Maribor", der es in Tübingen bis zum Kripochef und Bundesverdienstkreuz brachte, genug zu tragen.
So könnte Tübingen einer sicheren Blamage im Diskussionsprozess um die "Stadt der Wissenschaft 2006" entgehen, ob die Stadt nun die 125 000 Euro bekommt oder nicht. Vielleicht wäre es auch gut, zusammen mit der Tübinger Geschichtswerkstatt das Konzept für das "Haus des Wissens" um den Aspekt der Lebensgeschichte von Tübinger Tätern und Opfern, nicht nur Theodor Haerings und Simon Hayums, zu erweitern.
Anton Brenner
Stadt- und Kreisrat der Tübinger Linken / PDS
(Leserbrief an das Schwäbische Tagblatt vom 19.01.2005)
Hans Gmelin, der frühere Oberbürgermeister von Tübingen, der sicher auch irgendwann einmal aus Versehen einen Wisch unterzeichnet hatte, verschaffte diesem Rasseideologen die Ehrenbürgerschaft gegen Vererbung der Hauses in der Neckarhalde, des heutigen Theodor-Haering-Hauses, sehr zum Ärger der heute noch lebenden Verwandtschaft.
Kern der Tübinger Bewerbung für die Stadt der Wissenschaft 2006 ist das Tübinger Haering-Haus, das zum Haus des Wissens werden soll. Haering war Tübinger Ordinarius für Philosophie und flog 1945 wegen seiner rassistischen und antisemitischen Tiraden hochkant von der Uni.
Die Tübinger Linke / PDS beantragte am 13. Dezember 2004, das Theodor-Haering-Haus in Simon-Hayum-Haus umzubenennen. Hayum war Tübinger Jude, Rechtsanwalt und Stadtrat der Liberalen, bis er von den Tübinger Nazis vertrieben wurde. Der Antrag wurde damit begründet, dass es der Tübinger Bewerbung für die Stadt der Wissenschaft 2006 nur schaden könne, wenn ruchbar werde, dass das zu fördernde Objekt den "Ehrennamen" eines der widerwärtigsten Nazi-Ideologen führe. Die Oberbürgermeisterin reagierte sofort. Sie werde den Antrag ins Verfahren nehmen. Geschehen ist bisher allerdings nichts und auch das Schwäbische Tagblatt schweigt beredt.
Die Umbenennung sollte bis zur Entscheidung der Jury über die Bewerbung der Stadt Tübingen abgeschlossen sein, bevor Tübingen noch mehr ins Gerede kommt. Tübingen hat mit seinen Ex-NSdAP-Ehrenbürgern und SS-Schergen wie dem "Schlächter von Maribor", der es in Tübingen bis zum Kripochef und Bundesverdienstkreuz brachte, genug zu tragen.
So könnte Tübingen einer sicheren Blamage im Diskussionsprozess um die "Stadt der Wissenschaft 2006" entgehen, ob die Stadt nun die 125 000 Euro bekommt oder nicht. Vielleicht wäre es auch gut, zusammen mit der Tübinger Geschichtswerkstatt das Konzept für das "Haus des Wissens" um den Aspekt der Lebensgeschichte von Tübinger Tätern und Opfern, nicht nur Theodor Haerings und Simon Hayums, zu erweitern.
Anton Brenner
Stadt- und Kreisrat der Tübinger Linken / PDS
(Leserbrief an das Schwäbische Tagblatt vom 19.01.2005)