Freitag, 30. Januar 2004
Marx, Bloch, Che, OB
abrenner, 18:40h
Der stellvertretende Chefredakteur des Schwäbischen Tagblatts kann nicht verstehen, dass die SPD-Bundestagsabgeordnete Herta Däubler-Gmelin und die SPD-Landtagsabgeordnete Rita Haller-Haid jedes Jahr zu Silvester Wein des PDS-Stadtrats Anton Brenner mit ihren Portraits auf der Flasche an Diensthabende (wie Feuerwehrleute) verschenken. Bürgermeister Gerd Weimer (SPD) freute sich über das Geschenk, Wahrheitsbaron Ströbel ist sauer.
Der klassische Tübinger Wein ist übrigens ein "Schiller", da früher in Tübingen der "gemischte Satz" vorherrschend war.
Produziert wird der Wein nach einem alten Rezept des Tübinger Medizinprofessors und Uronkels von Herta Däubler-Gmelin Friedrich G. Gmelin aus dem Jahr 1822. Alles nachzulesen auf: www.tuebinger-wein.de
Hier der Artikel aus dem Schwäbischen Tagblatt:
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29.01.2004
Marx, Bloch, Che, OB
Anton Brenner panscht Politik und Burgunder
Mit Weinbergen in Wurmlingen, Unterjesingen und Tübingen zählt Anton Brenner zu den produktivsten hiesigen Wengertern. Mindestens 4000 Flaschen füllt er pro Jahrgang ab: „Rote Kapelle“, „Chardonnay du Gog“ und andere Cuvees.
Leute, die ihn gut kennen, sagen, dass der 53-jährige Religionslehrer, DKP-Dissident und TÜL/PDS-Stadtrat vor allem im Weinbau und in seinem katholisch-theologischen Weltbild ganz bei sich sei. Während er als Önologe kultiviert und verfeinert, vereinfacht Brenner aber als Politiker und panscht allzu oft Richtiges mit Halbvergorenem und ganz Falschem. Am liebsten aber haut er drauf – und nicht selten daneben, wie bei seiner jüngsten Jens-Attacke.
Öffentlich Aufsehen zu erregen, muss für den Absatz seiner Weine ja nicht nachteilig sein. Man kann sie in etlichen Tübinger Läden, in Brenners Kopierbetrieb im Nonnenmarkt und in der Gaststätte Forelle sogar vom Fass kaufen. Auf das Getränke-Buffet bei Tübinger Rathaus-Festivitätenhat es der Neu-Gog bisher indes nicht geschafft. Dabei lässt er es bei der Vermarktung seiner Weine selten an lokalem Bezug fehlen.
Brenner schmückt seine Flaschenetiketten mit Fotos von dem zuletzt in Tübingen lehrenden Hoffnungs-Philosophen Ernst Bloch, von Karl Marx und Che Guevara, von Hölderlin und Hegel, von Heike Hänsel und Joachim Körner. Gelegentlich streut er biblische Motive in den Katalog seiner sozialistischen Ikonen.
Die Genossinnen Herta Däubler-Gmelin und Rita Haller-Haid durften sich mithin geehrt fühlen, als ihre Konterfeis den Schiller-Jahrgang 2000 zierten.
Obwohl, Schiller?
Die Eigenart dieses Württemberger Weines besteht darin, dass rote und weiße Trauben zusammen gekeltert werden. Es sind frühreife Früchte aus der Vorlese, die dafür verwendet werden, weshalb der Schiller weder mit der Ge-schmacks- und Farb-Intensität eines Roten noch mit der fruchtigen Säure eines kräftigen Weißen aufwarten kann. Blassrote Brühe – ein Spiegelbild der Sozialdemokratie?
Brenner gefällt sich am besten in der Rolle des Provokateurs. Wie gut er damit in Tübingen ankommt, war jüngst beim städtischen Neujahrsempfang zu sehen, wo ihm Stammwähler anderer Parteien unumwunden ihre Sympathie versicherten. Es ist darum nicht ausgeschlossen, dass seine Gemeinderatsfraktion (bisher knapp 7 Prozent der Stimmen) bei der Wahl im Juni ein zweistelliges Ergebnis erreicht. 11,5 Prozent zum Beispiel, so viel Alkohol steckt im Schiller.
Und nun provoziert Brenner eben mit Flaschenbäuchen. Es versteht sich, dass er seine Lieblingsgegnerin, die Tübinger Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer, ins Visier nimmt. Als „ironische Montage“ (Brenner) fügte er die Porträtfotos der Oberbürgermeisterin und ihrer drei Beigeordneten zusammen, versah sie mit dem Titel: „Rathaus-Spitzen-Qualitätswein“ und packte sie als zentrales Motiv aufs Schiller-Etikett des Jahrganges 2002.
Der setzt sich aus Spätburgunder und Lemberger, Riesling, Grauburgunder und Gutedel zusammen. „Bei fünferlei Reben hätte sogar noch ein vierter Beigeordneter Platz“, kommentiert Brenner seinen „kleinen und harmlosen Jux“. Nicht ganz so charmant klingt es, was Brenner auf seiner Internetseite schreibt, nämlich: „Etiketten, nicht nur zum Scherz“, um dann die immergleiche Munition für seine lokalpolitischen Dauerbrenner nachzulegen: „Die Rathaus-Spitze ist weltweit unschlagbar in Technologie- und Parkhaus-Förderung“.
In einem „günstigen Moment“ – in weniger günstigen hat sie ihm schon demonstrativ die Hand verweigert – will Brenner der Oberbürgermeisterin demnächst eine Flasche des besagten Schiller-Weines verehren. Weder sie noch die Baubürgermeisterin, nicht den Sozial- und auch nicht den Finanzbürgermeister hat Brenner um Erlaubnis gefragt, ob er mit ihren Köpfen auf seinen Flaschen werben darf. „Es ist ja bloß ein Späßle“.
„Im Wein liegt Wahrheit, und mit der stößt man überall an.“ Auf dieses Hegel-Zitat, ebenfalls Bestandteil des Schiller-Etiketts, bezieht sich Brigitte Russ-Scherer, wenn sie Brenner jetzt entgegnet: „Es würde uns freuen, wenn Herr Brenner selbst es mit der Wahrheit zukünftig etwas genauer nehmen würde.“ Die OB verweist im übrigen darauf, dass „auch Politiker/innen“ das Recht haben, selbst zu entscheiden, für wen und für was sie werben. Für Anton Brenner und seinen dünnen Schiller-Wein will Russ-Scherer jedenfalls nicht den Kopf hinhalten, weshalb sie ihn bittet, die „Grundregeln im Marketing“ zu beachten.
Eckhard Ströbel
Der klassische Tübinger Wein ist übrigens ein "Schiller", da früher in Tübingen der "gemischte Satz" vorherrschend war.
Produziert wird der Wein nach einem alten Rezept des Tübinger Medizinprofessors und Uronkels von Herta Däubler-Gmelin Friedrich G. Gmelin aus dem Jahr 1822. Alles nachzulesen auf: www.tuebinger-wein.de
Hier der Artikel aus dem Schwäbischen Tagblatt:
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29.01.2004
Marx, Bloch, Che, OB
Anton Brenner panscht Politik und Burgunder
Mit Weinbergen in Wurmlingen, Unterjesingen und Tübingen zählt Anton Brenner zu den produktivsten hiesigen Wengertern. Mindestens 4000 Flaschen füllt er pro Jahrgang ab: „Rote Kapelle“, „Chardonnay du Gog“ und andere Cuvees.
Leute, die ihn gut kennen, sagen, dass der 53-jährige Religionslehrer, DKP-Dissident und TÜL/PDS-Stadtrat vor allem im Weinbau und in seinem katholisch-theologischen Weltbild ganz bei sich sei. Während er als Önologe kultiviert und verfeinert, vereinfacht Brenner aber als Politiker und panscht allzu oft Richtiges mit Halbvergorenem und ganz Falschem. Am liebsten aber haut er drauf – und nicht selten daneben, wie bei seiner jüngsten Jens-Attacke.
Öffentlich Aufsehen zu erregen, muss für den Absatz seiner Weine ja nicht nachteilig sein. Man kann sie in etlichen Tübinger Läden, in Brenners Kopierbetrieb im Nonnenmarkt und in der Gaststätte Forelle sogar vom Fass kaufen. Auf das Getränke-Buffet bei Tübinger Rathaus-Festivitätenhat es der Neu-Gog bisher indes nicht geschafft. Dabei lässt er es bei der Vermarktung seiner Weine selten an lokalem Bezug fehlen.
Brenner schmückt seine Flaschenetiketten mit Fotos von dem zuletzt in Tübingen lehrenden Hoffnungs-Philosophen Ernst Bloch, von Karl Marx und Che Guevara, von Hölderlin und Hegel, von Heike Hänsel und Joachim Körner. Gelegentlich streut er biblische Motive in den Katalog seiner sozialistischen Ikonen.
Die Genossinnen Herta Däubler-Gmelin und Rita Haller-Haid durften sich mithin geehrt fühlen, als ihre Konterfeis den Schiller-Jahrgang 2000 zierten.
Obwohl, Schiller?
Die Eigenart dieses Württemberger Weines besteht darin, dass rote und weiße Trauben zusammen gekeltert werden. Es sind frühreife Früchte aus der Vorlese, die dafür verwendet werden, weshalb der Schiller weder mit der Ge-schmacks- und Farb-Intensität eines Roten noch mit der fruchtigen Säure eines kräftigen Weißen aufwarten kann. Blassrote Brühe – ein Spiegelbild der Sozialdemokratie?
Brenner gefällt sich am besten in der Rolle des Provokateurs. Wie gut er damit in Tübingen ankommt, war jüngst beim städtischen Neujahrsempfang zu sehen, wo ihm Stammwähler anderer Parteien unumwunden ihre Sympathie versicherten. Es ist darum nicht ausgeschlossen, dass seine Gemeinderatsfraktion (bisher knapp 7 Prozent der Stimmen) bei der Wahl im Juni ein zweistelliges Ergebnis erreicht. 11,5 Prozent zum Beispiel, so viel Alkohol steckt im Schiller.
Und nun provoziert Brenner eben mit Flaschenbäuchen. Es versteht sich, dass er seine Lieblingsgegnerin, die Tübinger Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer, ins Visier nimmt. Als „ironische Montage“ (Brenner) fügte er die Porträtfotos der Oberbürgermeisterin und ihrer drei Beigeordneten zusammen, versah sie mit dem Titel: „Rathaus-Spitzen-Qualitätswein“ und packte sie als zentrales Motiv aufs Schiller-Etikett des Jahrganges 2002.
Der setzt sich aus Spätburgunder und Lemberger, Riesling, Grauburgunder und Gutedel zusammen. „Bei fünferlei Reben hätte sogar noch ein vierter Beigeordneter Platz“, kommentiert Brenner seinen „kleinen und harmlosen Jux“. Nicht ganz so charmant klingt es, was Brenner auf seiner Internetseite schreibt, nämlich: „Etiketten, nicht nur zum Scherz“, um dann die immergleiche Munition für seine lokalpolitischen Dauerbrenner nachzulegen: „Die Rathaus-Spitze ist weltweit unschlagbar in Technologie- und Parkhaus-Förderung“.
In einem „günstigen Moment“ – in weniger günstigen hat sie ihm schon demonstrativ die Hand verweigert – will Brenner der Oberbürgermeisterin demnächst eine Flasche des besagten Schiller-Weines verehren. Weder sie noch die Baubürgermeisterin, nicht den Sozial- und auch nicht den Finanzbürgermeister hat Brenner um Erlaubnis gefragt, ob er mit ihren Köpfen auf seinen Flaschen werben darf. „Es ist ja bloß ein Späßle“.
„Im Wein liegt Wahrheit, und mit der stößt man überall an.“ Auf dieses Hegel-Zitat, ebenfalls Bestandteil des Schiller-Etiketts, bezieht sich Brigitte Russ-Scherer, wenn sie Brenner jetzt entgegnet: „Es würde uns freuen, wenn Herr Brenner selbst es mit der Wahrheit zukünftig etwas genauer nehmen würde.“ Die OB verweist im übrigen darauf, dass „auch Politiker/innen“ das Recht haben, selbst zu entscheiden, für wen und für was sie werben. Für Anton Brenner und seinen dünnen Schiller-Wein will Russ-Scherer jedenfalls nicht den Kopf hinhalten, weshalb sie ihn bittet, die „Grundregeln im Marketing“ zu beachten.
Eckhard Ströbel