Montag, 9. Februar 2004
Leserbrief: "Diese Hexenjagd"
tuel-pds, 14:40h
Schwäbisches Tagblatt, Mo 9. Februar 2004
Solidaritäts-Adressen für die Tübinger Tauben-Frau Julie Beck.
Als ich kürzlich von den Aktionen aus Bürgerschaft und Stadtverwaltung gegen Frau Beck erfuhr, war ich entsetzt: Sie wurde als "Taubenhexe" beschimpft, jemand meinte sogar, unter "Adolf" sei "so was" nicht vorgekommen, es wird hinter Frau Beck hergeschnüffelt, sie wird angezeigt, sie soll 500 Euro Strafe zahlen und noch einige hundert Euro dazu, weil sie Widerspruch eingelegt hat. Ihr wurde mit Pfändung gedroht, wenn sie nicht zahlt.
Und warum dies alles? Sie hatte den Auftrag - den ihr die Stadt zur Strafe nun wieder entzogen hat - an bestimmten
Stellen Tauben zu füttern. Nur, weil sie bettelnden Tauben auch anderswo Körnchen hinwarf, wird diese Hexenjagd gegen sie veranstaltet. Will sie verletzten Tauben helfen, muss sie sie im Übrigen füttern, weil sie sie sonst nicht fangen kann. Mir ist Frau Beck, wie vielen anderen auch, immer wieder aufgefallen als ein besonders freundlicher und hilfsbereiter Mensch. Sie arbeitet seit Jahren ehrenamtlich für die Stadt, entfernt zum Beispiel anderer Leute Hundekot und kümmert sich eben auch um die Tauben - aber nicht, um ihre Anzahl zu erhöhen, sondern um sie zu verringern: Diesem Ziel dienen auch die Nistplätze in ihrem Haus; denn damit beteiligt sie sich an dem Projekt, den Tauben die Eier wegzunehmen und durch Gipseier zu ersetzen. Durch das Projekt wurden bereits zirka 12 000 Eier ausgetauscht, durch Frau Beck allein mehr als 300.
Die Zahl der Tübinger Tauben nahm trotzdem nicht ab. Warum? Weil stets Nachschub kommt. Und woher kommt er? Die Tierärztliche Hochschule Hannover definiert: "Stadttauben sind entflogene Haus- oder Rassetauben und ausgebliebene Brieftauben sowie deren Nachkommen". Weil Stadttauben also keine Wildtiere sind, müssen sie gefüttert werden, brüten sie nicht nur einmal, sondern x-mal im Jahr und sinkt ihre Vermehrung nicht, wenn sie hungern - im Gegenteil: es ist wissenschaftlich erwiesen, dass hungernde Stadttauben mehr Eier ausbrüten als satte.
Das Taubenfütterverbot bewirkt also keine Verringerung der Taubenpopulation. Die kann man nur erreichen, wenn man sich mit der Herkunft der Stadttauben befasst und den Nachschub abschneidet. Dann nimmt die Zahl der Tauben auch ab, wenn ihre Eier gegen Gipseier ausgetauscht werden. Dazu braucht man Taubenhäuser und andere kontrollierbare Nistplätze, aber kein Fütterverbot!
Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10
Solidaritäts-Adressen für die Tübinger Tauben-Frau Julie Beck.
Als ich kürzlich von den Aktionen aus Bürgerschaft und Stadtverwaltung gegen Frau Beck erfuhr, war ich entsetzt: Sie wurde als "Taubenhexe" beschimpft, jemand meinte sogar, unter "Adolf" sei "so was" nicht vorgekommen, es wird hinter Frau Beck hergeschnüffelt, sie wird angezeigt, sie soll 500 Euro Strafe zahlen und noch einige hundert Euro dazu, weil sie Widerspruch eingelegt hat. Ihr wurde mit Pfändung gedroht, wenn sie nicht zahlt.
Und warum dies alles? Sie hatte den Auftrag - den ihr die Stadt zur Strafe nun wieder entzogen hat - an bestimmten
Stellen Tauben zu füttern. Nur, weil sie bettelnden Tauben auch anderswo Körnchen hinwarf, wird diese Hexenjagd gegen sie veranstaltet. Will sie verletzten Tauben helfen, muss sie sie im Übrigen füttern, weil sie sie sonst nicht fangen kann. Mir ist Frau Beck, wie vielen anderen auch, immer wieder aufgefallen als ein besonders freundlicher und hilfsbereiter Mensch. Sie arbeitet seit Jahren ehrenamtlich für die Stadt, entfernt zum Beispiel anderer Leute Hundekot und kümmert sich eben auch um die Tauben - aber nicht, um ihre Anzahl zu erhöhen, sondern um sie zu verringern: Diesem Ziel dienen auch die Nistplätze in ihrem Haus; denn damit beteiligt sie sich an dem Projekt, den Tauben die Eier wegzunehmen und durch Gipseier zu ersetzen. Durch das Projekt wurden bereits zirka 12 000 Eier ausgetauscht, durch Frau Beck allein mehr als 300.
Die Zahl der Tübinger Tauben nahm trotzdem nicht ab. Warum? Weil stets Nachschub kommt. Und woher kommt er? Die Tierärztliche Hochschule Hannover definiert: "Stadttauben sind entflogene Haus- oder Rassetauben und ausgebliebene Brieftauben sowie deren Nachkommen". Weil Stadttauben also keine Wildtiere sind, müssen sie gefüttert werden, brüten sie nicht nur einmal, sondern x-mal im Jahr und sinkt ihre Vermehrung nicht, wenn sie hungern - im Gegenteil: es ist wissenschaftlich erwiesen, dass hungernde Stadttauben mehr Eier ausbrüten als satte.
Das Taubenfütterverbot bewirkt also keine Verringerung der Taubenpopulation. Die kann man nur erreichen, wenn man sich mit der Herkunft der Stadttauben befasst und den Nachschub abschneidet. Dann nimmt die Zahl der Tauben auch ab, wenn ihre Eier gegen Gipseier ausgetauscht werden. Dazu braucht man Taubenhäuser und andere kontrollierbare Nistplätze, aber kein Fütterverbot!
Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10