Dienstag, 24. Februar 2004
Wein-Etiketten - Bürgermeister schalten Anwalt ein
tuel-pds, 14:02h
Reutlinger Generalanzeiger, Di 24.2.2004
"Zu weit gegangen"
TÜBINGEN. Bürgermeister verklagen einen Stadtrat wegen ein paar Flaschen Wein? Will die Obrigkeit einem unbotmäßigen Kommunalpolitiker eins auswischen? Anton Brenner sieht sich zu Unrecht verfolgt, spricht vom "Tollhaus Tübingen" und von "Majestäts-Beleidigung im Tübinger Karneval". Im Rathaus sieht man die Sache anders und betont: "Brenner ist einfach zu weit gegangen."
Brenner, der für die PDS und die Tübinger Linke im Stadtrat sitzt, hatte vor wenigen Wochen die Konterfeis der Tübinger Bürgermeister-Riege auf Wein-Etiketten gedruckt. Der Hobby-Winzer, entschiedener Gegner der Politik von Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer, ließ vier verzerrte Gesichter vom Etikett blicken und zierte das Ganze mit dem berühmten Zitat von Ex-Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni: "Tübinger Rathausspitze - 'wie eine Flasche leer' ".
Oberbürgermeisterin Russ-Scherer versichert, man habe die Sache zunächst mit Humor genommen und Brenner mitgeteilt, "dass man so etwas witzig finden kann." Weil Brenner außerdem das Hegel-Zitat abdruckte: "Im Wein ist Wahrheit - und mit der stößt man überall an", habe man dem PDS-Stadtrat empfohlen, es künftig in der politischen Auseinandersetzung mit der Wahrheit etwas genauer zu nehmen.
In der Sache selbst hat die Rathaus-Spitze aber betont: "Spaß und Geschäft gehören getrennt." Brenner solle die Grundregeln des Marketing beachten und nicht mit Fotos und Namen der Bürgermeister für seinen Wein werben. Russ-Scherer und ihre Kollegen haben von Brenner eine Unterlassungs-Erklärung verlangt - "etwas völlig Normales", wie die Rathaus-Chefin findet.
Der Lehrer und Hobby-Winzer hält das für lachhaft. Die Montage stelle eine Karikatur dar und könne schon von der Personen-Konstellation her in Tübingen "von niemand als Werbung aufgefasst werden". Im Übrigen gebe es bloß sechs etikettierte Flaschen: "Es ist also nicht nötig und auch nicht möglich, die Flaschen 'unverzüglich vom Markt zu nehmen' ".
Die Bürgermeister haben andere Erfahrungen gemacht. Als eine Testkäuferin weitere Flaschen in einem Laden fand, haben Russ-Scherer und ihre Kollegen beschlossen, die Sache einem Anwalt zu übergeben. Für sie steht fest: "Man muss sich als Politiker nicht alles bieten lassen. Herr Brenner soll sich auch mal an die Spielregeln halten." (-jk)
"Zu weit gegangen"
TÜBINGEN. Bürgermeister verklagen einen Stadtrat wegen ein paar Flaschen Wein? Will die Obrigkeit einem unbotmäßigen Kommunalpolitiker eins auswischen? Anton Brenner sieht sich zu Unrecht verfolgt, spricht vom "Tollhaus Tübingen" und von "Majestäts-Beleidigung im Tübinger Karneval". Im Rathaus sieht man die Sache anders und betont: "Brenner ist einfach zu weit gegangen."
Brenner, der für die PDS und die Tübinger Linke im Stadtrat sitzt, hatte vor wenigen Wochen die Konterfeis der Tübinger Bürgermeister-Riege auf Wein-Etiketten gedruckt. Der Hobby-Winzer, entschiedener Gegner der Politik von Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer, ließ vier verzerrte Gesichter vom Etikett blicken und zierte das Ganze mit dem berühmten Zitat von Ex-Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni: "Tübinger Rathausspitze - 'wie eine Flasche leer' ".
Oberbürgermeisterin Russ-Scherer versichert, man habe die Sache zunächst mit Humor genommen und Brenner mitgeteilt, "dass man so etwas witzig finden kann." Weil Brenner außerdem das Hegel-Zitat abdruckte: "Im Wein ist Wahrheit - und mit der stößt man überall an", habe man dem PDS-Stadtrat empfohlen, es künftig in der politischen Auseinandersetzung mit der Wahrheit etwas genauer zu nehmen.
In der Sache selbst hat die Rathaus-Spitze aber betont: "Spaß und Geschäft gehören getrennt." Brenner solle die Grundregeln des Marketing beachten und nicht mit Fotos und Namen der Bürgermeister für seinen Wein werben. Russ-Scherer und ihre Kollegen haben von Brenner eine Unterlassungs-Erklärung verlangt - "etwas völlig Normales", wie die Rathaus-Chefin findet.
Der Lehrer und Hobby-Winzer hält das für lachhaft. Die Montage stelle eine Karikatur dar und könne schon von der Personen-Konstellation her in Tübingen "von niemand als Werbung aufgefasst werden". Im Übrigen gebe es bloß sechs etikettierte Flaschen: "Es ist also nicht nötig und auch nicht möglich, die Flaschen 'unverzüglich vom Markt zu nehmen' ".
Die Bürgermeister haben andere Erfahrungen gemacht. Als eine Testkäuferin weitere Flaschen in einem Laden fand, haben Russ-Scherer und ihre Kollegen beschlossen, die Sache einem Anwalt zu übergeben. Für sie steht fest: "Man muss sich als Politiker nicht alles bieten lassen. Herr Brenner soll sich auch mal an die Spielregeln halten." (-jk)