Donnerstag, 26. Februar 2004
Teure Phantasien und blühende Landschaften von Russ-Scherer
Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt: Wird die Bevölkerung verallbert? Zur Diskussion um das Biotechnologiezentrum

Ich möchte mich ausdrücklich bei den Herren Brenner und Seuffer bedanken für ihre aufklärenden Leserbriefe zu der Erfolgsmeldung, dass „neue Mieter“ in das TTR gezogen sind. Ohne diese Informationen wäre die Veralberung der Bevölkerung fast perfekt zu nennen.
Aus dem TTR Reutlingen eine Firma nach Tübingen ins TTR umziehen zu lassen; eine Abteilung (keine steuerzahlende Firma) des Klinikums und eine weitere Firma des Klinikums noch eben schnell ins TTR ziehen zu lassen; Respekt! Wahrlich ein Erfolg. Zahlen die alle Miete oder nur die Nebenkosten, Frau Russ-Scherer? Was machen denn die beiden Klinikums-Ableger, wenn das neue Verfügungsgebäude der Medizinischen Klinik fertig ist? Ziehen die dann wieder um und schaffen neue Arbeitsplätze in Tübingen? Hören wir dann von der nächsten Erfolgsmeldung der ministeriabel werden wollenden OB? Das Ganze erinnert mich doch stark an die jetzt stattfindenden Narrenumzüge, einziger Unterschied ist, dass die Narren der Gesellschaft und den Politiker den Narrenspiegel vorhalten, während bei diesem Possenspiel die Bevölkerung von den Politikern tolldreist genarrt wird.
Bei den Erfolgsmeldungen und Huldigungen des TAGBLATTs für Brigitte Russ-Scherer ist leider etwas vergessen worden. Um welchen Teil ist jetzt der Stadt-Etat tatsächlich entlastet worden? Wieviel von den jährlich aus dem Tübinger Stadtsäckel zu zahlenden 600.000 Euro Mietausfällen werden denn jetzt frei?
Prestigeobjekte und ihre vollmundig bejubelten Erfolge nützen der Normal-Bevölkerung wenig, es kostet uns nur viel Geld, das wir sicher sinnvoller in die Zukunftsinvestition von Ausbildung unserer Kinder, Betreuung und Hilfe für die Schwachen dieser Sozialgesellschaft und Abbau von Schulden gesteckt hätten.
Die Tübinger Rathausspitze aber glaubt ja lieber an Betonklotzinvestitionen, die Langzeitwirkungen der Kürzungen im sozialen Bereich und die Steuergeldverschleuderung „scherert“ ja nicht mehr, wenn man/frau es ins nächste Amt geschafft hat. Um das finanzielle Desaster in Tübingen das man/frau hinterlässt, sollen sich doch die Nachfolger kümmern.
Vielen Dank Frau Russ-Scherer, diese teuren Fantasien von „blühenden Landschaften“ hat uns ja schon der Oggersheimer hinterlassen! Deren Langzeitfolgen bezahlen wir immer noch mit extrem hoher Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands, mit Steuererhöhungen und Kürzungen dringender Projekte, um die Langzeitfolgen der blühenden Landschaften abzufedern. Der Nachholbedarf der Tübinger Politik scheint aber enorm groß zu sein, dieses Experiment mit Biotech-Touch hier noch mal zu wiederholen.
Seuffer und Brenner (auch wenn ich kein Unterstützer/Wähler der TÜL/PDS bin) noch mal Dank für ihre Leserbriefe. Schluss mit den Hiobsbotschaften, die Bekehrten grüßen vom Grund ihrer leeren Geldbeutel. Alles wird gut!

Heinrich Schmanns, Tübingen