Montag, 15. März 2004
Die Linke hofft auf Stimmgewinn
Schwäbisches Tagblatt, Mo 15. März 2004

PDS und TÜL stellen wieder gemeinsame Listen für die Kommunalwahlen auf

TÜBINGEN (din). Seit 1999 stellen die Tübinger Linke (TÜL) und die PDS eine gemeinsame Liste für die Kommunalwahlen auf. Am Freitag einigten sie sich auf die Kandidaten sowohl für die Gemeinderats- wie für die Kreistagswahl. Neben Parteimitgliedern ließen sich auch Parteilose aufstellen, darunter einige, die frustriert den Grünen den Rücken gekehrt hatten.

Ziemlich eng wurde es am Freitag, als rund 40 Genoss(inn)en und parteilose Linke in die PDS-Zentrale in der Ammergasse drängten. Bevor es über die Wahllisten abzustimmen galt, zeichnete Anton Brenner, der mit Gerlinde Strasdeit und Gerhard Bialas für die TÜL/PDS im Tübinger Gemeinderat sitzt, die Streitpunkte der vergangenen fünf Jahre nach und setzte Ziele für die kommende Wahlperiode: Um Tübingen für junge Familien attraktiv zu machen, müssten weiche Standortfaktoren wie die Kinderbetreuung, günstige Steuern, bezahlbarer Wohnraum gefördert werden, statt hier immer weiter Abstriche zu machen zugunsten "sinnloser Subventionsprojekte" wie den Technologiepark. In Fragen wie Südstadt-Parkhäuser sollten die Bürger selbst bestimmen können. Ausführlich ging Brenner auf das "Klima im Rathaus" ein (Brenner: "Klüngel-Klima").

Er fordert das "gläserne Rathaus", bei dem Entscheidungsprozesse nachvollzogen werden könnten, etwa durch Veröffentlichung der Ratsprotokolle auf der Homepage der Stadt. Die Linken würden bewusst zensiert: "Die Anträge und Stellungnahmen der PDS werden nicht auf der Internetseite des Rathauses veröffentlicht."

Gerlinde Strasdeit wies auf die Erfolge der Wählervereinigung hin: So habe man sich zum Beispiel erfolgreich gegen die Schließung des Kindergartens in Bebenhausen gewehrt und sei "Sand im Getriebe" gewesen bei der Umwandlung der Altenpflege in eine GmbH.

Vor der Wahl wurden alle 48 Kandidaten einzeln vorgestellt: Die Mischung ist bunt und reicht vom Professor bis zum Ex-Knacki. Auffallend ist die hohe Zahl der gewerkschaftlich Engagierten, unter ihnen Bernd Melchert (5. Platz), Betriebsratsvorsitzender bei der Walter AG. Auch von den Grünen Enttäuschte haben hier ein neues politisches Zuhause gefunden, so Martin Drumm (42. Platz), der "nach Afghanistan" der grünen Politik den Rücken gekehrt hat.

Um die Reihenfolge der 48 Kandidat/innen gab es wenig Diskussionen. Eine Kandidatin regte an, die Plätze von Anton Brenner und Gerlinde Strasdeit zu vertauschen. Doch Strasdeit lehnte ab: "Ich fühle mich wohl auf Platz zwei." Für die Gemeinderatwahl rechnet die TÜL/PDS mit einem besseren Ergebnis als 1999 (damals 6,9 Prozent) und mit mehr als drei Mandaten.

Den ersten neun Kandidat/innen räumt man Chancen auf einen Sitz im Gemeinderat ein: 1. Anton Brenner, 2. Gerlinde Strasdeit, 3. Gerhard Bialas, 4. Edeltraud Horn-Metzger, 5. Bernd Melchert, 6. Alexandra Müller, 7. Günter Kehrer, 9. Frederico Elwing, 10. Heike Hänsel, 11. Peter Langos, 12. Dorothea Mann, 13. Ali Schmeissner, 14. Angela Hauser, 15. Prof. Otto Rössler, 16. Walburg Werner, 17. Santiago Dean Rubio, 18. Adelheid Schlott, 19. Jörg Heilemann, 20. Birgit Hoberg, 21. Gunnar Laufer-Stark, 22. Gabriele Buck, 23. Joachim Nill, 24. Elvira Ratzel van Ijsselmuiden, 25. Jens Rüggeberg, 26. Ursula Langos, 27. Martin Hank, 28. Christa Bialas, 29. Manfred Schubert, 30. Sabine Schneiderhan, 31. Norbert Kortz, 32. Simela Manousaridou, 33. Jean-Francois Dieux, 34. Ophelia Schweikhard, 35. Michael Riekert, 36. Michaela Rössler, 37. Ralph Barta, 38. Joachim Kayser, 39. Volker Embgen, 40. Fabian Brettel, 41. Michael Schwarz, 42. Martin Drumm, 43. Christoph Bröckel, 44. Kristian Hartmeyer, 45. Christoph Hentschel, 46. Alexander Schlager, 47. Rainer Bialas, 48. Bernhard Strasdeit, 49. Hans Becht.

Bemerkung: Martin Drumm war nie Mitglied der Grünen, sondern Sympathisant und hat sich auch schon lange vor dem Afghanistan-Krieg von den Grünen abgewendet.