Donnerstag, 29. April 2004
Leserbrief: Felicia Langers neues Buch
tuel-pds, 09:53h
veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt vom Samstag, 24.04.04
In der Besprechung von Felicia Langers neuestem Buch "Brandherd Nahost" erwähnt Frau Pfeil auch den Vorwurf des Antisemitismus, der im Jahr 2002 unter anderem gegen den Tübinger Arbeitskreis (AK) Palästina und gegen das Tübinger Friedensplenum erhoben wurde. Anlass war eine vom AK Palästina initiierte und vom Friedensplenum unterstützte Unterschriftensammlung unter drei Forderungen, deren zweite lautete: "Keine Warenimporte aus den israelischen Siedlungen auf besetztem Gebiet in die EU!" Diese Forderung wurde durch die "Initiative gegen Antizionismus und Antisemitismus" in einen gegen den Staat Israel gerichteten Boykott uminterpretiert, der fatal an das "Kauft nicht bei Juden" der Nazi-Zeit erinnere. "Ein Missverständnis" sei das gewesen, schreibt Frau Pfeil.
Zwar klang der Text der Initiative wie ein Missverständnis, aber da zumindest ihr Tübinger Repräsentant intelligent genug ist, um einen Text genau lesen und zwischen dem Staat Israel und den illegal errichteten Siedlungen unterscheiden zu können, glaube ich nicht, dass er den Aufruf nicht verstehen konnte, wie er gemeint war. Ich halte deshalb das "Missverständnis" nur für die Verkleidung der Position: Jegliche Kritik an Israels Politik ist antisemitisch.
Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, und wenn jemand seine Haltung so formuliert, wie es kürzlich ein Passant am Stand des Friedensplenums tat - die einzig richtige Haltung sei "bedingungslose Solidarität mit Israel" -, ist ein sachlicher Disput darüber möglich. Wer jedoch Menschen, nur weil sie sich mit der israelischen Friedensbewegung und nicht mit der israelischen Regierungspolitik solidarisch erklären, als "antisemitisch" beschimpft, schlägt die Türe für einen Austausch von Argumenten von vornherein zu.
Da ich viel Sympathie für die Völker des Vorderen Orients habe und natürlich auch, weil ich die Schuld meines Volkes gegenüber den Juden fühle, habe ich oft an Veranstaltungen mit und über Juden teilgenommen - und mich gewundert, dass dazu ausgerechnet die beiden bekanntesten in Tübingen lebenden israelischen Staatsbürger Felicia und Mieciu Langer nie eingeladen wurden. Als in einer solchen Veranstaltung jemand in eine regelrechte Hasstirade auf Felicia Langer ausbrach, erfuhr ich, dass man auch dort in die Schublade "antisemitisch" gesteckt wird, sobald man Israels Politik kritisiert. Auch da war kein Dialog möglich. Leider.
Dr. Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10
In der Besprechung von Felicia Langers neuestem Buch "Brandherd Nahost" erwähnt Frau Pfeil auch den Vorwurf des Antisemitismus, der im Jahr 2002 unter anderem gegen den Tübinger Arbeitskreis (AK) Palästina und gegen das Tübinger Friedensplenum erhoben wurde. Anlass war eine vom AK Palästina initiierte und vom Friedensplenum unterstützte Unterschriftensammlung unter drei Forderungen, deren zweite lautete: "Keine Warenimporte aus den israelischen Siedlungen auf besetztem Gebiet in die EU!" Diese Forderung wurde durch die "Initiative gegen Antizionismus und Antisemitismus" in einen gegen den Staat Israel gerichteten Boykott uminterpretiert, der fatal an das "Kauft nicht bei Juden" der Nazi-Zeit erinnere. "Ein Missverständnis" sei das gewesen, schreibt Frau Pfeil.
Zwar klang der Text der Initiative wie ein Missverständnis, aber da zumindest ihr Tübinger Repräsentant intelligent genug ist, um einen Text genau lesen und zwischen dem Staat Israel und den illegal errichteten Siedlungen unterscheiden zu können, glaube ich nicht, dass er den Aufruf nicht verstehen konnte, wie er gemeint war. Ich halte deshalb das "Missverständnis" nur für die Verkleidung der Position: Jegliche Kritik an Israels Politik ist antisemitisch.
Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, und wenn jemand seine Haltung so formuliert, wie es kürzlich ein Passant am Stand des Friedensplenums tat - die einzig richtige Haltung sei "bedingungslose Solidarität mit Israel" -, ist ein sachlicher Disput darüber möglich. Wer jedoch Menschen, nur weil sie sich mit der israelischen Friedensbewegung und nicht mit der israelischen Regierungspolitik solidarisch erklären, als "antisemitisch" beschimpft, schlägt die Türe für einen Austausch von Argumenten von vornherein zu.
Da ich viel Sympathie für die Völker des Vorderen Orients habe und natürlich auch, weil ich die Schuld meines Volkes gegenüber den Juden fühle, habe ich oft an Veranstaltungen mit und über Juden teilgenommen - und mich gewundert, dass dazu ausgerechnet die beiden bekanntesten in Tübingen lebenden israelischen Staatsbürger Felicia und Mieciu Langer nie eingeladen wurden. Als in einer solchen Veranstaltung jemand in eine regelrechte Hasstirade auf Felicia Langer ausbrach, erfuhr ich, dass man auch dort in die Schublade "antisemitisch" gesteckt wird, sobald man Israels Politik kritisiert. Auch da war kein Dialog möglich. Leider.
Dr. Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10