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Mittwoch, 21. Januar 2004
Weil es irgendwie weiter gehen muss
tuel-pds, 19:32h
Schwäbisches Tagblatt, Mi 21. Januar 2004
Wohl noch nie gab es im Tübinger Rat so wenig Pro und so viel Contra zum Etat-Beschluss
TÜBINGEN. Ein guter Kompromiss, so heißt es, zeichnet sich dadurch aus, dass er den Streitparteien gleichermaßen wehtut. Andererseits gehört aber auch dazu, und das galt bisher für alle Tübinger Etat-Beschlüsse, dass sich die Beteiligten dafür rühmen dürfen, dem ausgehandelten Ergebnis in wesentlichen Punkten den eigenen Stempel aufgedrückt zu haben. Insofern erlebten die wenigen Gäste, die am Montag zum Etat-Finale ins Tübinger Rathaus gekommen waren, ein Novum: Die meisten Stadträte waren zwar froh, dass überhaupt ein Haushalt zustande kam, aber keiner zeigte sich mit dem neuen Zahlenwerk auch nur halbwegs zufrieden.
Einer der zentralen "Knackpunkte", die in der Etat-Runde 2004 die Bildung einer breiteren Haushalts-Mehrheit verhindert haben: Zum Verdruss von CDU, UFW, FL und TÜL/PDS soll das ehemalige Firmenareal von Wurster & Dietz in Derendingen mit zwei Millionen Euro aus der Stadtkasse entwickelt werden. Archivbild: Grohe
Der allgemeine Frust lässt sich leicht erklären: Geben ist seeliger denn nehmen, doch angesichts drastischer Steuerausfälle und eines strukturellen Haushaltsdefizits von über vier Millionen Euro musste der Rat diesmal mehr nehmen, als er geben konnte. Das Knausern machte den Fraktionen, wie vielfach zu hören war, "keinen Spaß mehr". Schon gar nicht im Vorfeld eines Wahlkampfes, in dem man vor den geschröpften Bürger treten muss. Um allzu deftigen Wähler-Watschen vorzubeugen, war es denn auch allen Gruppierungen, egal ob Ja- oder Neinsager, wichtig, sich mehr oder minder weit vom Etat 2004 zu distanzieren. Die meistgehörte Formel des Abends: "Das ist nicht unser Haushalt".
Am meisten Grund zu dieser Feststellung hatte die TÜL/PDS-Fraktion. Sie hätte gern in alter Manier das Füllhorn über die Sozialschwachen ausgeschüttet und das dafür nötige Geld bei den angeblichen "Prestigeprojekten der Oberbürgermeisterin" (Technologiepark, Wirtschaftsförderung, Sporthalle) abgezogen. Dass sich die Etat-Koalitionäre stattdessen auf weitere Zuschuss-Kürzungen verständigten, fand Gerlinde Strasdeit "das Allerletzte", weswegen es für das TÜL/PDS-Trio nur konsequent war, den Haushalt empört abzulehnen.
Von der CDU war nichts anderes zu erwarten. Deren Doppelspitze Ulrich Latus und Dieter Pantel hatte schon vor Monaten klargestellt, dass sie bei einer Erhöhung der Grundsteuer nicht mitspielen würden. Ersatzweise wollte die größte Ratsfraktion die Löcher mit weitergehenden Einsparungen (zumal im Kulturbereich) und mit umfangreichen Verkäufen aus dem städtischen Grundbesitz stopfen.
Zudem forderte die CDU die zwei Millionen Euro, die der Wirtschaftsförderungs-GmbH (WIT) zur Belebung von Gewerbebrachen überwiesen wurden, für die Stadtkasse zurück. Nicht zuletzt, weil sie auch diesmal den heftig kritisierten "Einstieg in spekulative Grundstücksgeschäfte" nicht stoppen konnten, fanden die Christdemokraten den Etat-Kompromiss rundum "enttäuschend".
Überraschend machte erstmals auch die Freie Liste die WIT-Millionen zu ihrem "Knackpunkt". Einst eine entschiedene Befürworterin dieser Art der Stadtentwicklung, hält es die FL inzwischen für "utopisch", dass damit etwas zu erreichen sei. Sie hätte die zwei Millionen gern abgegriffen, um die Kürzungen im Sozialbereich zu vermeiden, und aus gleichem Grund auch die Grundsteuer nicht nur um zehn, sondern um zwanzig Prozent erhöht. Weil sie beides nicht bekam, zog sich die FL verärgert zurück. "Das Fass zum Überlaufen" brachte laut Joachim Gellert letztlich aber ein eher symbolischer Betrag: "Wenn überall gestrichen wird, kann man nicht mit 15000 Euro ein neues Projekt, den Theatersommer, hochziehen."
Die UFW stand die ganze Etat-Runde über ziemlich eng an der Seite der CDU, mit der sie konsequent gegen die Grundsteuer-Erhöhung und für die Heimholung des WIT-Kapitals stritt. Am Ende fand Fraktionschef Kurt Friesch kaum einen vernünftigen Grund, das ungeliebte Kompromiss-Paket per Stimmenthaltung passieren zu lassen - außer diesem: "Wenn wir den Etat blockieren, schaden wir den Handwerkern, die auf die Aufträge der Stadt angewiesen sind."
Ähnlich argumentierte WUT-Chef Hermann-Arndt Riethmüller, der in manchen Punkten mit CDU und UFW einig war und überdies noch wesentlich größere Einsparungen (vor allem bei der Kinderbetreuung) gefordert hatte. Da er als Verfechter einer aktiven Grundstückspolitik ("Die WIT-Millionen sind eine dringend nötige Investition in die Zukunft") jedoch keine Chance sah, mit CDU und UFW eine eigene Mehrheit zu bekommen, hielt er mit vier seiner Fraktionskollegen bei der Abstimmung still.
Die restlichen drei Fraktionen, die es mit OB Brigitte Russ-Scherer schließlich auf 21 Ja-Stimmen brachten, einte vor allem die Ablehnung der "Knackpunkte" der Mehrheit, die selber nicht zusammenfand. Weitere Kürzungen bei den laufenden Ausgaben kamen für Helga Vogel von der AL nicht in Frage, weil die Verwaltung kaum noch mehr als die von ihr angebotene "globale Minderausgabe" (1,4 Millionen Euro) einsparen könne.
Ebenso entschlossen wies FDP-Rat Dietmar Schöning den verstärkten Einsatz von städtischem Grundvermögen als unverantwortlichen Ausverkauf zurück. Dann schon lieber eine maßvolle Erhöhung der Grundsteuer. Um der Stadt "viele Grausamkeiten im sozialen Bereich" zu ersparen, hätte die SPD laut Erika Braungardt-Friedrichs die Grundsteuer gern noch höher geschraubt. Weil dazu aber außer der FL niemand bereit war, bissen die Sozis nolens-volens in den sauren Kompromiss-Apfel.
Fazit: Keine Fraktion bekam einen Etat, mit dem sie im Wahlkampf groß hausieren gehen wird. Wer ihn beschloss oder zumindest nicht blockierte, entschied sich für das rundum als ziemlich groß empfundene kleinere Übel. Auch die Oberbürgermeisterin: "Es ist nicht der Haushalt der Verwaltung. Wir müssen viel schlucken, aber wir nehmen das hin, weil es doch irgendwie in Tübingen weiter gehen muss." Sepp Wais
Wie teuer wird die Grundsteuer?
Die beschlossene Grundsteuer-Erhöhung bringt der Stadt jährliche Mehreinnahmen von etwa einer Million Euro. Wer wissen will, wie viel er dafür berappen muss, kann sich das leicht ausrechnen: 9,75 Prozent mehr als letztes Jahr. Bei den meisten (in aller Regel unterbewerteten) Altbau-Wohnungen macht der Aufschlag höchstens 15 Euro aus. Bei neueren Wohnungen reicht das Plus - je nach Größe - von 10 und 80 Euro, bei den nobelsten Einfamilienhäusern bis zu 300 Euro. Härter trifft es einige Betriebe, die mitunter 10 000 oder 20 000 Euro Grundsteuer bezahlen müssen. Vom größten Tübinger Grundsteuer-Zahler kassierte die Stadt bisher 44 000 Euro und künftig etwa 48 300 Euro pro Jahr.
Wohl noch nie gab es im Tübinger Rat so wenig Pro und so viel Contra zum Etat-Beschluss
TÜBINGEN. Ein guter Kompromiss, so heißt es, zeichnet sich dadurch aus, dass er den Streitparteien gleichermaßen wehtut. Andererseits gehört aber auch dazu, und das galt bisher für alle Tübinger Etat-Beschlüsse, dass sich die Beteiligten dafür rühmen dürfen, dem ausgehandelten Ergebnis in wesentlichen Punkten den eigenen Stempel aufgedrückt zu haben. Insofern erlebten die wenigen Gäste, die am Montag zum Etat-Finale ins Tübinger Rathaus gekommen waren, ein Novum: Die meisten Stadträte waren zwar froh, dass überhaupt ein Haushalt zustande kam, aber keiner zeigte sich mit dem neuen Zahlenwerk auch nur halbwegs zufrieden.
Einer der zentralen "Knackpunkte", die in der Etat-Runde 2004 die Bildung einer breiteren Haushalts-Mehrheit verhindert haben: Zum Verdruss von CDU, UFW, FL und TÜL/PDS soll das ehemalige Firmenareal von Wurster & Dietz in Derendingen mit zwei Millionen Euro aus der Stadtkasse entwickelt werden. Archivbild: Grohe
Der allgemeine Frust lässt sich leicht erklären: Geben ist seeliger denn nehmen, doch angesichts drastischer Steuerausfälle und eines strukturellen Haushaltsdefizits von über vier Millionen Euro musste der Rat diesmal mehr nehmen, als er geben konnte. Das Knausern machte den Fraktionen, wie vielfach zu hören war, "keinen Spaß mehr". Schon gar nicht im Vorfeld eines Wahlkampfes, in dem man vor den geschröpften Bürger treten muss. Um allzu deftigen Wähler-Watschen vorzubeugen, war es denn auch allen Gruppierungen, egal ob Ja- oder Neinsager, wichtig, sich mehr oder minder weit vom Etat 2004 zu distanzieren. Die meistgehörte Formel des Abends: "Das ist nicht unser Haushalt".
Am meisten Grund zu dieser Feststellung hatte die TÜL/PDS-Fraktion. Sie hätte gern in alter Manier das Füllhorn über die Sozialschwachen ausgeschüttet und das dafür nötige Geld bei den angeblichen "Prestigeprojekten der Oberbürgermeisterin" (Technologiepark, Wirtschaftsförderung, Sporthalle) abgezogen. Dass sich die Etat-Koalitionäre stattdessen auf weitere Zuschuss-Kürzungen verständigten, fand Gerlinde Strasdeit "das Allerletzte", weswegen es für das TÜL/PDS-Trio nur konsequent war, den Haushalt empört abzulehnen.
Von der CDU war nichts anderes zu erwarten. Deren Doppelspitze Ulrich Latus und Dieter Pantel hatte schon vor Monaten klargestellt, dass sie bei einer Erhöhung der Grundsteuer nicht mitspielen würden. Ersatzweise wollte die größte Ratsfraktion die Löcher mit weitergehenden Einsparungen (zumal im Kulturbereich) und mit umfangreichen Verkäufen aus dem städtischen Grundbesitz stopfen.
Zudem forderte die CDU die zwei Millionen Euro, die der Wirtschaftsförderungs-GmbH (WIT) zur Belebung von Gewerbebrachen überwiesen wurden, für die Stadtkasse zurück. Nicht zuletzt, weil sie auch diesmal den heftig kritisierten "Einstieg in spekulative Grundstücksgeschäfte" nicht stoppen konnten, fanden die Christdemokraten den Etat-Kompromiss rundum "enttäuschend".
Überraschend machte erstmals auch die Freie Liste die WIT-Millionen zu ihrem "Knackpunkt". Einst eine entschiedene Befürworterin dieser Art der Stadtentwicklung, hält es die FL inzwischen für "utopisch", dass damit etwas zu erreichen sei. Sie hätte die zwei Millionen gern abgegriffen, um die Kürzungen im Sozialbereich zu vermeiden, und aus gleichem Grund auch die Grundsteuer nicht nur um zehn, sondern um zwanzig Prozent erhöht. Weil sie beides nicht bekam, zog sich die FL verärgert zurück. "Das Fass zum Überlaufen" brachte laut Joachim Gellert letztlich aber ein eher symbolischer Betrag: "Wenn überall gestrichen wird, kann man nicht mit 15000 Euro ein neues Projekt, den Theatersommer, hochziehen."
Die UFW stand die ganze Etat-Runde über ziemlich eng an der Seite der CDU, mit der sie konsequent gegen die Grundsteuer-Erhöhung und für die Heimholung des WIT-Kapitals stritt. Am Ende fand Fraktionschef Kurt Friesch kaum einen vernünftigen Grund, das ungeliebte Kompromiss-Paket per Stimmenthaltung passieren zu lassen - außer diesem: "Wenn wir den Etat blockieren, schaden wir den Handwerkern, die auf die Aufträge der Stadt angewiesen sind."
Ähnlich argumentierte WUT-Chef Hermann-Arndt Riethmüller, der in manchen Punkten mit CDU und UFW einig war und überdies noch wesentlich größere Einsparungen (vor allem bei der Kinderbetreuung) gefordert hatte. Da er als Verfechter einer aktiven Grundstückspolitik ("Die WIT-Millionen sind eine dringend nötige Investition in die Zukunft") jedoch keine Chance sah, mit CDU und UFW eine eigene Mehrheit zu bekommen, hielt er mit vier seiner Fraktionskollegen bei der Abstimmung still.
Die restlichen drei Fraktionen, die es mit OB Brigitte Russ-Scherer schließlich auf 21 Ja-Stimmen brachten, einte vor allem die Ablehnung der "Knackpunkte" der Mehrheit, die selber nicht zusammenfand. Weitere Kürzungen bei den laufenden Ausgaben kamen für Helga Vogel von der AL nicht in Frage, weil die Verwaltung kaum noch mehr als die von ihr angebotene "globale Minderausgabe" (1,4 Millionen Euro) einsparen könne.
Ebenso entschlossen wies FDP-Rat Dietmar Schöning den verstärkten Einsatz von städtischem Grundvermögen als unverantwortlichen Ausverkauf zurück. Dann schon lieber eine maßvolle Erhöhung der Grundsteuer. Um der Stadt "viele Grausamkeiten im sozialen Bereich" zu ersparen, hätte die SPD laut Erika Braungardt-Friedrichs die Grundsteuer gern noch höher geschraubt. Weil dazu aber außer der FL niemand bereit war, bissen die Sozis nolens-volens in den sauren Kompromiss-Apfel.
Fazit: Keine Fraktion bekam einen Etat, mit dem sie im Wahlkampf groß hausieren gehen wird. Wer ihn beschloss oder zumindest nicht blockierte, entschied sich für das rundum als ziemlich groß empfundene kleinere Übel. Auch die Oberbürgermeisterin: "Es ist nicht der Haushalt der Verwaltung. Wir müssen viel schlucken, aber wir nehmen das hin, weil es doch irgendwie in Tübingen weiter gehen muss." Sepp Wais
Wie teuer wird die Grundsteuer?
Die beschlossene Grundsteuer-Erhöhung bringt der Stadt jährliche Mehreinnahmen von etwa einer Million Euro. Wer wissen will, wie viel er dafür berappen muss, kann sich das leicht ausrechnen: 9,75 Prozent mehr als letztes Jahr. Bei den meisten (in aller Regel unterbewerteten) Altbau-Wohnungen macht der Aufschlag höchstens 15 Euro aus. Bei neueren Wohnungen reicht das Plus - je nach Größe - von 10 und 80 Euro, bei den nobelsten Einfamilienhäusern bis zu 300 Euro. Härter trifft es einige Betriebe, die mitunter 10 000 oder 20 000 Euro Grundsteuer bezahlen müssen. Vom größten Tübinger Grundsteuer-Zahler kassierte die Stadt bisher 44 000 Euro und künftig etwa 48 300 Euro pro Jahr.
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Dienstag, 20. Januar 2004
Übrigens ... Erfolg ohne Väter
tuel-pds, 13:47h
Schwäbisches Tagblatt, Di 21. Januar 2004
Wenn der Erfolg viele Mütter und Väter hat, dann ist der gestern Abend beschlossene Tübinger Haushalt für das Jahr 2004 ein glatter Misserfolg. Denn niemand, keine Fraktion und nicht einmal die Stadtverwaltung, wollte sich zu ihm bekennen - obgleich er doch soeben mit Mehrheit erfolgreich verabschiedet wurde.
Einem Findelkind gleich kam also der Etat über den Rat und bot auch sonst wiederholt Anlass für märchenhafte Formulierungen. Die Kompromiss-Bemühungen des FDP-Stadtrats Dietmar Schöning durchaus angemessen würdigend, sprach etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Latus das Werk "Russ-Schöning" zu. Worauf sich der Liberale schlagfertig revanchierte: Der Herr "Pi-Latus" dürfe ruhig seine Hände in Unschuld waschen, das gräme ihn gar nicht.
Im Ernst ist die nun im zweiten Anlauf zustande gekommene Einigung nichts anderes als ein dürrer Kompromiss, das kleinere Übel. Aufbruch(stimmung) stand nicht zu erwarten. Abbruch (der Verhandlungen) war die schlechtere Alternative. Dieser Enthaltungs-Einsicht beugten sich letztlich hinreichend viele Fraktionsmitglieder von WUT und UFW. Damit schwächten sie das in erster Linie von CDU, FL und TÜL/PDS gebildete Lager der Ablehner und ließen auf diese Weise das Budget passieren.
Mehr noch als die vorweihnachtliche Beratung war die gestrige Etat-Debatte von wahltaktischen Überlegungen geprägt. Die Mehrheit von AL, SPD und FDP hielt es im Hinblick auf die Gemeinderatswahl am 13. Juni für angeraten, die allgemeine Finanzmisere lokal einzudämmen.
Auf der anderen Seite des Hauses mochten die Tübinger Christdemokraten - anders als ihre Parteifreunde im Berliner Vermittlungsausschuss - dafür keine (Mit-)Verantwortung übernehmen. Ähnlich der TÜL/PDS werden sie im Frühsommer als Rathaus-Opposition vor die Wähler treten und nicht müde werden zu betonen, dass es die Anderen waren, die mit aller Gewalt an der Grundsteuer drehten.
Um knappe zehn Prozent erhöhte der Rat diese, Hausbesitzer und indirekt auch Mieter treffende Abgabe. Als Schreckgespenst wird sie freilich nur dem erscheinen, der nicht nachrechnet: Die Kosten der Gesundheitsreform, allen voran die vierteljährlich zu entrichtende Praxisgebühr, treffen die Kassenpatienten härter.
Unterm Strich sind es nicht höhere Abgaben, sondern die zahlreichen Abstriche bei den städtischen Leistungen und Zuschüssen, die den Haushaltsplan 2004 charakterisieren. Dass dies alles andere als eine angemessene Entlohnung für das Engagement aktiver Bürger darstellt, ja den Durchhaltewillen von Selbsthilfegruppen schwächen kann, ist das größere Risiko.
Eckhard Ströbel
Wenn der Erfolg viele Mütter und Väter hat, dann ist der gestern Abend beschlossene Tübinger Haushalt für das Jahr 2004 ein glatter Misserfolg. Denn niemand, keine Fraktion und nicht einmal die Stadtverwaltung, wollte sich zu ihm bekennen - obgleich er doch soeben mit Mehrheit erfolgreich verabschiedet wurde.
Einem Findelkind gleich kam also der Etat über den Rat und bot auch sonst wiederholt Anlass für märchenhafte Formulierungen. Die Kompromiss-Bemühungen des FDP-Stadtrats Dietmar Schöning durchaus angemessen würdigend, sprach etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Latus das Werk "Russ-Schöning" zu. Worauf sich der Liberale schlagfertig revanchierte: Der Herr "Pi-Latus" dürfe ruhig seine Hände in Unschuld waschen, das gräme ihn gar nicht.
Im Ernst ist die nun im zweiten Anlauf zustande gekommene Einigung nichts anderes als ein dürrer Kompromiss, das kleinere Übel. Aufbruch(stimmung) stand nicht zu erwarten. Abbruch (der Verhandlungen) war die schlechtere Alternative. Dieser Enthaltungs-Einsicht beugten sich letztlich hinreichend viele Fraktionsmitglieder von WUT und UFW. Damit schwächten sie das in erster Linie von CDU, FL und TÜL/PDS gebildete Lager der Ablehner und ließen auf diese Weise das Budget passieren.
Mehr noch als die vorweihnachtliche Beratung war die gestrige Etat-Debatte von wahltaktischen Überlegungen geprägt. Die Mehrheit von AL, SPD und FDP hielt es im Hinblick auf die Gemeinderatswahl am 13. Juni für angeraten, die allgemeine Finanzmisere lokal einzudämmen.
Auf der anderen Seite des Hauses mochten die Tübinger Christdemokraten - anders als ihre Parteifreunde im Berliner Vermittlungsausschuss - dafür keine (Mit-)Verantwortung übernehmen. Ähnlich der TÜL/PDS werden sie im Frühsommer als Rathaus-Opposition vor die Wähler treten und nicht müde werden zu betonen, dass es die Anderen waren, die mit aller Gewalt an der Grundsteuer drehten.
Um knappe zehn Prozent erhöhte der Rat diese, Hausbesitzer und indirekt auch Mieter treffende Abgabe. Als Schreckgespenst wird sie freilich nur dem erscheinen, der nicht nachrechnet: Die Kosten der Gesundheitsreform, allen voran die vierteljährlich zu entrichtende Praxisgebühr, treffen die Kassenpatienten härter.
Unterm Strich sind es nicht höhere Abgaben, sondern die zahlreichen Abstriche bei den städtischen Leistungen und Zuschüssen, die den Haushaltsplan 2004 charakterisieren. Dass dies alles andere als eine angemessene Entlohnung für das Engagement aktiver Bürger darstellt, ja den Durchhaltewillen von Selbsthilfegruppen schwächen kann, ist das größere Risiko.
Eckhard Ströbel
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21 Stimmen reichten zur Mehrheit
tuel-pds, 13:35h
Schwäbisches Tagblatt, Di 20. Januar 2004
Von Sepp Wais
WUT und UFW ließen gestern Abend den Etat-Kompromiss von AL, SPD und FDP passieren
TÜBINGEN. Auch beim zweiten Anlauf zum Etat-Beschluss gab es im Tübinger Rathaus zwar noch allerhand Grundsätzliches zu erklären, dank intensiver Vorgespräche in informeller Runde aber nicht mehr viel zu verhandeln: Nach knapp zweistündiger Debatte war der Haushalt 2004 gestern Abend beschlossene Sache. Wie verabredet, ließen WUT und UFW das von AL, SPD und FDP geschnürte und zuletzt noch etwas nachgebesserte Kompromiss-Paket per Stimmenthaltung passieren. CDU, FL, TÜL/PDS und UFW-Rat Georg Kern blieben kategorisch bei ihrem Nein (siehe auch das ÜBRIGENS).
Das mühsamer denn je ausgehandelte Zahlenwerk umfasst Ausgaben und Einnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro. Kaum zehn Millionen davon entfallen auf den Vermögensetat, über 140 Millionen braucht die Stadt für den laufenden Betrieb (Verwaltungsetat). Obwohl der Rat den Entwurf des Kämmerers in diesem Bereich an vielen Stellen (insbesondere mit weiteren Ausgabenkürzungen und kosmetischen Korrekturen) abgeändert hat, gelang es ihm nicht, alle Löcher zu stopfen: Unter dem Strich blieb im Verwaltungsetat ein Minus von 1,4 Millionen Euro stehen.
Dieses absehbare Defizit wird mit einer entsprechenden Zuführung aus dem Vermögenshaushalt ausgeglichen. Damit rutscht die Stadt dort tiefer in die roten Zahlen. Zwar werden heuer einmal mehr die letzten freien Rücklagen (400000 Euro) und das städtische Grundvermögen (2,2 Millionen Euro) angezapft, trotzdem muss der Kämmerer zusätzliche Schulden in Höhe von 1,7 Millionen Euro machen, um alle Ausgaben finanzieren zu können.
Kernstück des Kompromisses, zu dem sich AL, SPD und FDP bereits im Dezember zusammengefunden hatten, den WUT und UFW aber erst jetzt hinzunehmen bereit waren, ist die heiß umkämpfte Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes von 410 auf 450 Punkte. Diese knapp zehnprozentige Steigerung bringt der Stadtkasse Mehreinnahmen von rund einer Million Euro. Des weiteren müssen die Tübinger mit einer deftigen (im Einzelfall bis zu 60-prozentigen) Erhöhung der Bestattungsgebühren rechnen, die im Detail aber erst noch festgelegt werden muss - und mit einem 20-prozentigen Aufschlag bei der Hundesteuer, der bereits im Vorjahr für 2004 beschlossen wurde.
Mindestens ebenso schmerzhaft werden viele Bürger die Kürzungen im sozialen, kulturellen und Sportbereich zu spüren bekommen. Hier werden die städtischen Zuschüsse um fünf Prozent reduziert, wobei noch nicht ausgemacht ist, wie viel die einzelnen Vereine und Einrichtungen bluten müssen. Neu hinzu kam gestern Abend eine fünfprozentige Kürzung der Schul-Budgets für Sach- und Lernmittel (minus 57000 Euro).
Weil derzeit nicht damit zu rechnen ist, dass die Stadt nächstes Jahr ihre Finanzkrise überstanden haben wird, kündigten die Etat-Koalitionäre gestern schon mal vorsorglich an, dass in 2005 die Zuschuss-Töpfe noch einmal um fünf Prozent geschröpft werden sollen. Ansonsten blieb es beim letzten Feinschliff der Haushaltskoalition bei den bereits am Freitag vermeldeten Nachbesserungen: Um es WUT und UFW leichter zu machen, von ihrem strikten Nein abzurücken, wurden an verschiedenen Etat-Ansätzen noch einmal fast 190000 Euro abgezwackt, die dann größtenteils (bislang unspezifisch) für die Förderung der Altstadt reserviert wurden.
Wenn es gestern im Rathaus überhaupt so etwas wie Zufriedenheit gab, dann nur darüber, dass die Hängepartie endlich zum Abschluss gebracht wurde. Selbst AL, SPD und FDP, die den Kompromiss eingefädelt und schließlich mit 21 Ja-Stimmen (inklusive OB und WUT-Rätin Inge Tressel) durchgebracht hatten, legten Wert auf die Feststellung, dass dies durchaus nicht ihr Wunschhaushalt sei. UFW und WUT ließen keinen Zweifel daran, dass sie nur deshalb stillhielten, damit die Stadtverwaltung handlungsfähig bleibe. Die 15 Neinsager von CDU, FL und TÜL/PDS (plus UFW-Rat Kern) wollten lieber gar keinen als den beschlossenen Etat.
Von Sepp Wais
WUT und UFW ließen gestern Abend den Etat-Kompromiss von AL, SPD und FDP passieren
TÜBINGEN. Auch beim zweiten Anlauf zum Etat-Beschluss gab es im Tübinger Rathaus zwar noch allerhand Grundsätzliches zu erklären, dank intensiver Vorgespräche in informeller Runde aber nicht mehr viel zu verhandeln: Nach knapp zweistündiger Debatte war der Haushalt 2004 gestern Abend beschlossene Sache. Wie verabredet, ließen WUT und UFW das von AL, SPD und FDP geschnürte und zuletzt noch etwas nachgebesserte Kompromiss-Paket per Stimmenthaltung passieren. CDU, FL, TÜL/PDS und UFW-Rat Georg Kern blieben kategorisch bei ihrem Nein (siehe auch das ÜBRIGENS).
Das mühsamer denn je ausgehandelte Zahlenwerk umfasst Ausgaben und Einnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro. Kaum zehn Millionen davon entfallen auf den Vermögensetat, über 140 Millionen braucht die Stadt für den laufenden Betrieb (Verwaltungsetat). Obwohl der Rat den Entwurf des Kämmerers in diesem Bereich an vielen Stellen (insbesondere mit weiteren Ausgabenkürzungen und kosmetischen Korrekturen) abgeändert hat, gelang es ihm nicht, alle Löcher zu stopfen: Unter dem Strich blieb im Verwaltungsetat ein Minus von 1,4 Millionen Euro stehen.
Dieses absehbare Defizit wird mit einer entsprechenden Zuführung aus dem Vermögenshaushalt ausgeglichen. Damit rutscht die Stadt dort tiefer in die roten Zahlen. Zwar werden heuer einmal mehr die letzten freien Rücklagen (400000 Euro) und das städtische Grundvermögen (2,2 Millionen Euro) angezapft, trotzdem muss der Kämmerer zusätzliche Schulden in Höhe von 1,7 Millionen Euro machen, um alle Ausgaben finanzieren zu können.
Kernstück des Kompromisses, zu dem sich AL, SPD und FDP bereits im Dezember zusammengefunden hatten, den WUT und UFW aber erst jetzt hinzunehmen bereit waren, ist die heiß umkämpfte Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes von 410 auf 450 Punkte. Diese knapp zehnprozentige Steigerung bringt der Stadtkasse Mehreinnahmen von rund einer Million Euro. Des weiteren müssen die Tübinger mit einer deftigen (im Einzelfall bis zu 60-prozentigen) Erhöhung der Bestattungsgebühren rechnen, die im Detail aber erst noch festgelegt werden muss - und mit einem 20-prozentigen Aufschlag bei der Hundesteuer, der bereits im Vorjahr für 2004 beschlossen wurde.
Mindestens ebenso schmerzhaft werden viele Bürger die Kürzungen im sozialen, kulturellen und Sportbereich zu spüren bekommen. Hier werden die städtischen Zuschüsse um fünf Prozent reduziert, wobei noch nicht ausgemacht ist, wie viel die einzelnen Vereine und Einrichtungen bluten müssen. Neu hinzu kam gestern Abend eine fünfprozentige Kürzung der Schul-Budgets für Sach- und Lernmittel (minus 57000 Euro).
Weil derzeit nicht damit zu rechnen ist, dass die Stadt nächstes Jahr ihre Finanzkrise überstanden haben wird, kündigten die Etat-Koalitionäre gestern schon mal vorsorglich an, dass in 2005 die Zuschuss-Töpfe noch einmal um fünf Prozent geschröpft werden sollen. Ansonsten blieb es beim letzten Feinschliff der Haushaltskoalition bei den bereits am Freitag vermeldeten Nachbesserungen: Um es WUT und UFW leichter zu machen, von ihrem strikten Nein abzurücken, wurden an verschiedenen Etat-Ansätzen noch einmal fast 190000 Euro abgezwackt, die dann größtenteils (bislang unspezifisch) für die Förderung der Altstadt reserviert wurden.
Wenn es gestern im Rathaus überhaupt so etwas wie Zufriedenheit gab, dann nur darüber, dass die Hängepartie endlich zum Abschluss gebracht wurde. Selbst AL, SPD und FDP, die den Kompromiss eingefädelt und schließlich mit 21 Ja-Stimmen (inklusive OB und WUT-Rätin Inge Tressel) durchgebracht hatten, legten Wert auf die Feststellung, dass dies durchaus nicht ihr Wunschhaushalt sei. UFW und WUT ließen keinen Zweifel daran, dass sie nur deshalb stillhielten, damit die Stadtverwaltung handlungsfähig bleibe. Die 15 Neinsager von CDU, FL und TÜL/PDS (plus UFW-Rat Kern) wollten lieber gar keinen als den beschlossenen Etat.
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Dienstag, 20. Januar 2004
Antrag auf Vertagung der Grundsteuererhöhung
tuel-pds, 00:53h
Anton Brenner
Stadtrat der Tübinger Linken / PDS
19. Januar 2004
ANTRAG AUF VERTAGUNG DER GRUNDSTEUERERHÖHUNG
Die Frage der Grundsteuererhöhung wird erst nach der Überprüfung der aus dem Ruder gelaufenen Großprojekte
* Technologiepark Obere Viehweide
* TüArena
* Wirtschaftsförderungsgesellschaft
* Automatische Parkhäuser in Loretto und Französischem Viertel
entschieden.
BEGRÜNDUNG
1. Statt 1,6 Millionen Euro wurde inzwischen fast das Vierfache für ein Subventionsmodell verausgabt, das so heute nicht mehr beschlossen würde. Es ist längst bekannt, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie HighTech-Firmen eher durch eine vorbildliche Kinderbetreuung, durch gute Schulen, maßvolle Steuern und ein vielfältiges kulturelles Angebot angelockt werden. Der Staat soll sich auf seine Kernkompetenz beschränken. Der Wettbewerb unter den Städten geht längst um junge Familien. Der Wettstreit, wer mehr Subventionen verpulvert, ist von gestern. Wenn wir jetzt wegen der weiteren Ausgaben für die Obere Viehweide die Steuern erhöhen, schaden wir dem Wirtschafts- und Technologiestandort Tübingen. Über 1 Million Euro sind noch nicht ausgegeben, 800 000 Euro sollen für vorgezogene Grundstückskäufe ausgegeben werden, obwohl die Zukunft selbst in eingeführten Biotechnologiezentren wie München düster aussieht. Dem verlorenen Geld wird weiter gutes Geld nachgeworfen. Das ist unverantwortlich. Bevor noch ein Euro mehr ausgegeben wird, muss das ganze Projekt überprüft werden. Mit dem Land Baden-Württemberg und der L-Bank sind Verhandlungen über die Mietgarantie aufzunehmen. Es geht nicht an, dass die L-Bank als Firma des Landes Baden-Württemberg auf der einen Seite den Mietern auf der Oberen Viehweide das Geld entzieht, auf der anderen Seite auf einer 15-jährigen Mietverpflichtung besteht.
2. Den Bürgern Tübingens ist nicht zu vermitteln, dass die TüArena statt 6 Millionen brutto jetzt 10 Millionen brutto, oder 8,6 Millionen netto kostet, und sie dafür zweistellige Gebühren- und Steuererhöhungen tragen müssen. Außerdem ist der Funktionstauglichkeit der Halle in Bezug auf die Leichathleten und internationale Basketballspiele in Zweifel gezogen worden. Luftbuchungen in Millionenhöhe stehen im Raum. Die Folgekosten sind völlig ungeklärt. Auch hier ist eine Bestandsaufnahme notwendig.
3. Tübingen gilt im Regierungsbezirk Südwürttemberg als Investorenschreck Nr. 1. Ein Wegfall der Wirtschaftsförderungsgesellschaft würde niemand auffallen. Trotzdem werden dort über 2 Millionen Euro gebunkert und warten darauf, vergeudet zu werden. Viele Städte kommen von dem ineffektiven Modell der Wirtschaftsförderungsgesellschaften ab, da bisher meist nur
Investitionsruinen Folge des staatlichen Wirtschaftshandelns waren. Die beste Wirtschaftsförderung sind niedere Kommunalsteuern und die Abschaffung der WIT.
4. In den städtischen Betrieben wie bei den Stadtwerken häufen sich die Leichen im Keller, ohne dass sich der Gemeinderat noch direkt mit ihnen befasst. Alles wird auf die geheim tagenden Aufsichtsräte geschoben. Jetzt haben wir den Schlamassel, dass den Stadtwerken mit den nicht funktionierenden automatischen Parkhäusern einen Defizitbringer in Millionenhöhe droht. Ich habe damals gefragt, ob die Befürworter auch ihr privates Geld für so eine Anlage riskieren würden. Solange die Bürger sehen, dass mit ihrem Geld so sorglos umgegangen wird, ist von ihnen kein
Verständnis für eine Grundsteuererhöhung zu erwarten. Deshalb muss auch die Parkhausfrage vor einer Befassung mit der Grundsteuer offengelegt werden. Schon der damalige Beschluss über die automatischen Parkhäuser war grob fahrlässig. Wir sind dafür, dass die Frage der Haftung überprüft wird. Wenn Sie jetzt weiter den Kopf in den Sand stecken, werden Sie mutwillig und grob fahrlässige weitere Millionenschäden für die Stadt Tübingen anrichten.
Stadtrat der Tübinger Linken / PDS
19. Januar 2004
ANTRAG AUF VERTAGUNG DER GRUNDSTEUERERHÖHUNG
Die Frage der Grundsteuererhöhung wird erst nach der Überprüfung der aus dem Ruder gelaufenen Großprojekte
* Technologiepark Obere Viehweide
* TüArena
* Wirtschaftsförderungsgesellschaft
* Automatische Parkhäuser in Loretto und Französischem Viertel
entschieden.
BEGRÜNDUNG
1. Statt 1,6 Millionen Euro wurde inzwischen fast das Vierfache für ein Subventionsmodell verausgabt, das so heute nicht mehr beschlossen würde. Es ist längst bekannt, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie HighTech-Firmen eher durch eine vorbildliche Kinderbetreuung, durch gute Schulen, maßvolle Steuern und ein vielfältiges kulturelles Angebot angelockt werden. Der Staat soll sich auf seine Kernkompetenz beschränken. Der Wettbewerb unter den Städten geht längst um junge Familien. Der Wettstreit, wer mehr Subventionen verpulvert, ist von gestern. Wenn wir jetzt wegen der weiteren Ausgaben für die Obere Viehweide die Steuern erhöhen, schaden wir dem Wirtschafts- und Technologiestandort Tübingen. Über 1 Million Euro sind noch nicht ausgegeben, 800 000 Euro sollen für vorgezogene Grundstückskäufe ausgegeben werden, obwohl die Zukunft selbst in eingeführten Biotechnologiezentren wie München düster aussieht. Dem verlorenen Geld wird weiter gutes Geld nachgeworfen. Das ist unverantwortlich. Bevor noch ein Euro mehr ausgegeben wird, muss das ganze Projekt überprüft werden. Mit dem Land Baden-Württemberg und der L-Bank sind Verhandlungen über die Mietgarantie aufzunehmen. Es geht nicht an, dass die L-Bank als Firma des Landes Baden-Württemberg auf der einen Seite den Mietern auf der Oberen Viehweide das Geld entzieht, auf der anderen Seite auf einer 15-jährigen Mietverpflichtung besteht.
2. Den Bürgern Tübingens ist nicht zu vermitteln, dass die TüArena statt 6 Millionen brutto jetzt 10 Millionen brutto, oder 8,6 Millionen netto kostet, und sie dafür zweistellige Gebühren- und Steuererhöhungen tragen müssen. Außerdem ist der Funktionstauglichkeit der Halle in Bezug auf die Leichathleten und internationale Basketballspiele in Zweifel gezogen worden. Luftbuchungen in Millionenhöhe stehen im Raum. Die Folgekosten sind völlig ungeklärt. Auch hier ist eine Bestandsaufnahme notwendig.
3. Tübingen gilt im Regierungsbezirk Südwürttemberg als Investorenschreck Nr. 1. Ein Wegfall der Wirtschaftsförderungsgesellschaft würde niemand auffallen. Trotzdem werden dort über 2 Millionen Euro gebunkert und warten darauf, vergeudet zu werden. Viele Städte kommen von dem ineffektiven Modell der Wirtschaftsförderungsgesellschaften ab, da bisher meist nur
Investitionsruinen Folge des staatlichen Wirtschaftshandelns waren. Die beste Wirtschaftsförderung sind niedere Kommunalsteuern und die Abschaffung der WIT.
4. In den städtischen Betrieben wie bei den Stadtwerken häufen sich die Leichen im Keller, ohne dass sich der Gemeinderat noch direkt mit ihnen befasst. Alles wird auf die geheim tagenden Aufsichtsräte geschoben. Jetzt haben wir den Schlamassel, dass den Stadtwerken mit den nicht funktionierenden automatischen Parkhäusern einen Defizitbringer in Millionenhöhe droht. Ich habe damals gefragt, ob die Befürworter auch ihr privates Geld für so eine Anlage riskieren würden. Solange die Bürger sehen, dass mit ihrem Geld so sorglos umgegangen wird, ist von ihnen kein
Verständnis für eine Grundsteuererhöhung zu erwarten. Deshalb muss auch die Parkhausfrage vor einer Befassung mit der Grundsteuer offengelegt werden. Schon der damalige Beschluss über die automatischen Parkhäuser war grob fahrlässig. Wir sind dafür, dass die Frage der Haftung überprüft wird. Wenn Sie jetzt weiter den Kopf in den Sand stecken, werden Sie mutwillig und grob fahrlässige weitere Millionenschäden für die Stadt Tübingen anrichten.
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