Dienstag, 10. Februar 2004
Kreisecke: Friedensaktiv
Schwäbisches Tagblatt, Di 10. Februar 2004

Gerhard Bialas, Kreisrat der TüL/PDS

"Geben Sie Ihre Stimme bei dieser Wahl für eine Alternative zum imperialistischen Europa des Großkapitals, für ein anderes, friedliches, soziales und demokratisches Europa ab!" (Aus: Aufruf der DKP zur EU-Wahl 2004).

Bekanntlich bin ich als Stadt- und Kreisrat der TÜL/PDS Mitglied der DKP und werde das auch bleiben. Auch wenn das die Landesregierung zum Vorwand nimmt, mich weiter "überwachen" zu lassen. So halte ich es für richtig, dass sich die DKP als Partei an der Europawahl aktiv mit eigenen Kandidaten beteiligt und Forderungen dazu formuliert hat.

Am 13. Juni sind ja auch Kommunalwahlen, bei denen auch ich zum Tübinger Gemeinderat und Kreistag für die TÜL/PDS - Offene Linke Liste - kandidiere. Starke linke Opposition ist auf kommunaler Ebene genauso dringend nötig wie im Europa-Parlament, um von unten her Friedenspolitik und soziale Gerechtigkeit durchzusetzen. Getreu der Aussage im
Kommunalprogramm der TÜL/PDS von 1999: "Städtepartnerschaften und umbrisch-provenzialische Märkte sind eine schöne Sache. Wir wollen, dass Stadt und Kreis darüber hinaus eine aktive Friedenspolitik betreiben. (. . .) Die Folgekosten von Militäreinsätzen, Zerstörungen und militärischer Besetzung sind enorm. Sie vergrößern hier die Finanznot der Kommunen und verursachen weltweit Armut."

Deshalb freue ich mich mit vielen Friedensbewegten riesig darüber, dass der Tübinger friedensaktive Streiter Tobias Pflüger auf aussichtsreichem Platz für die PDS zur EU-Wahl kandidiert. Unbequem für Schröder, Struck und Co. mitsamt der Rüstungsmafia, und auch für den Grünen Fischer, der sich mit seinem dicke Posten sichernden Gefolge, einer konsequenten Friedenspolitik längst den Rücken gekehrt hat. Wie jetzt wieder bei der Nato-Tagung in München, der "Sicherheitskonferenz" der Weltkriegselite, gegen die mit Tausenden auch viele Tübinger demonstriert haben. Daraus sollten alle den Grünen gegenüber Konsequenzen ziehen, wenn sie mit pazifistischen Idealen noch was am Hut haben. Auch bei den anstehenden Kommunalwahlen.

Wo sind denn die "Friedens-SPD" und die "Friedens-Grünen" geblieben, als es darum ging, die Nato-Pipeline von Kehl nach Bodelshausen neu auszubauen? 1984 hatten sie noch heftig mit dagegen protestiert. Seit sie in der Bundesregierung hocken, ist damit Sense. Tobias Pflüger dagegen ist heute noch aktiv dabei, wenn es darum geht, den Rüstungsgewinnlern die Stirn zu bieten. Das ist gut für eine kommunale Friedenspolitik in Stadt und Landkreis Tübingen.

Wir brauchen keine Nato-Pipeline und den KSK-Kram in Calw für Bundeswehr in alle Welt. Gegen den wir schon Ostermärsche gemacht haben. Für eine Region des Friedens, mit Völkerverständigung, zivilen Arbeitsplätzen und mehr sozialer Sicherheit - dafür stehen wir als TÜL/PDS, auch bei den anstehenden Kommunalwahlen. Wenn Baden-Württemberg geografisch der Mittelpunkt Europas ist und Tübingen der von Baden-Württemberg, dann für den Frieden der Welt, bitte. Das garnisonsfreie Tübingen hat statt Kasernen eine Menge Gutes zu bieten. Wir dürfen es nur nicht Geschäftemachern und Spekulanten überlassen.

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Montag, 9. Februar 2004
Leserbrief: "Diese Hexenjagd"
Schwäbisches Tagblatt, Mo 9. Februar 2004

Solidaritäts-Adressen für die Tübinger Tauben-Frau Julie Beck.

Als ich kürzlich von den Aktionen aus Bürgerschaft und Stadtverwaltung gegen Frau Beck erfuhr, war ich entsetzt: Sie wurde als "Taubenhexe" beschimpft, jemand meinte sogar, unter "Adolf" sei "so was" nicht vorgekommen, es wird hinter Frau Beck hergeschnüffelt, sie wird angezeigt, sie soll 500 Euro Strafe zahlen und noch einige hundert Euro dazu, weil sie Widerspruch eingelegt hat. Ihr wurde mit Pfändung gedroht, wenn sie nicht zahlt.

Und warum dies alles? Sie hatte den Auftrag - den ihr die Stadt zur Strafe nun wieder entzogen hat - an bestimmten
Stellen Tauben zu füttern. Nur, weil sie bettelnden Tauben auch anderswo Körnchen hinwarf, wird diese Hexenjagd gegen sie veranstaltet. Will sie verletzten Tauben helfen, muss sie sie im Übrigen füttern, weil sie sie sonst nicht fangen kann. Mir ist Frau Beck, wie vielen anderen auch, immer wieder aufgefallen als ein besonders freundlicher und hilfsbereiter Mensch. Sie arbeitet seit Jahren ehrenamtlich für die Stadt, entfernt zum Beispiel anderer Leute Hundekot und kümmert sich eben auch um die Tauben - aber nicht, um ihre Anzahl zu erhöhen, sondern um sie zu verringern: Diesem Ziel dienen auch die Nistplätze in ihrem Haus; denn damit beteiligt sie sich an dem Projekt, den Tauben die Eier wegzunehmen und durch Gipseier zu ersetzen. Durch das Projekt wurden bereits zirka 12 000 Eier ausgetauscht, durch Frau Beck allein mehr als 300.

Die Zahl der Tübinger Tauben nahm trotzdem nicht ab. Warum? Weil stets Nachschub kommt. Und woher kommt er? Die Tierärztliche Hochschule Hannover definiert: "Stadttauben sind entflogene Haus- oder Rassetauben und ausgebliebene Brieftauben sowie deren Nachkommen". Weil Stadttauben also keine Wildtiere sind, müssen sie gefüttert werden, brüten sie nicht nur einmal, sondern x-mal im Jahr und sinkt ihre Vermehrung nicht, wenn sie hungern - im Gegenteil: es ist wissenschaftlich erwiesen, dass hungernde Stadttauben mehr Eier ausbrüten als satte.

Das Taubenfütterverbot bewirkt also keine Verringerung der Taubenpopulation. Die kann man nur erreichen, wenn man sich mit der Herkunft der Stadttauben befasst und den Nachschub abschneidet. Dann nimmt die Zahl der Tauben auch ab, wenn ihre Eier gegen Gipseier ausgetauscht werden. Dazu braucht man Taubenhäuser und andere kontrollierbare Nistplätze, aber kein Fütterverbot!

Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10

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Freitag, 6. Februar 2004
Rund ums Tübinger Schimpfeck
Tübinger Wochenblatt, Do 5. Februar 2004

Eine kommunalpolitische Blume verblüht. Die "Freie Liste" wirft das Handtuch und tritt nicht mehr an zu den Kommunalwahlen im Juni - weder für den Tübinger Rat noch für den Kreistag. Gegründet als Sammelbecken für ökologisch orientierte, im Wesen liberal gesinnter Bürger, denen die frühe AL zu ideologisch, zu links, vielleicht auch zu schmuddelig-revoluzzerhaft war und die etablierten Fraktionen zu verhockt und verbockt, hat sie drei Wahlperioden lang Rathaus- und Kreispolitik gemacht. So um die 12 Prozent lag ihr bestes Ergebnis. Ihr Gewicht lag höher. Und es hing an Namen mit Klang: Hugo Baumann, Ursula Zöllner, Dieter Rautenberg, Johanna Petersmann, Hans Dieter Eitle, Klaus Blanke, Peter Bosch, Ulrike Gottschalk. Die letzten beiden, als Aktive übrig geblieben, wollen oder können den Karren nun nicht mehr weiter ziehen.

Auszehrung und Verschleiß sind das Eine. Das angebliche "Ehrenamt" in den örtlichen Parlamenten fordert, ehrbar ausgefüllt, so viel Zeit und Kraft, dass es sich kein zurechnungsfähiger Mensch antun würde, der kühl in den geltenden Kategorien von Wirtschaftlichkeit denkt: Gewinn und Verlust, ökonomisch und persönlich ("Macht", Anerkennung, Status). Viel davon haben die Fraktionen schon fast notgedrungen an ihre "Arbeitsbienen" delegiert, die sich immer wieder fanden und allein dafür höchsten Respekt verdienen. [...] Ja, und auch ein Bialas, der einstens nicht als "kommunistischer Betonkopf", nicht als schlesischer Ost-Import in der Tübinger Erinnerung bleiben wird, sondern als Polit-Schaffe, wie er schwäbischer nicht sein könnte. Zu dieser Sorte gehört auch die nun resignierende FL-Vorfrau Ulrike Gottschalk.

Das Andere ist: Frustration, Kränkung, Demütigung. Und die haben einen Namen: Brigitte Russ-Scherer, Oberbürgermeisterin. Wie sie Räte und Rätinnen schurigelt, wie sie ihre Verwaltung einzuschüchtern versteht, wie sie ihr Zentralkommitee aus Getreuen und dessen Befugnisse aufbaut, wie sie allenthalben auf "Durchmarsch" spielt, das zermürbt auch die Gewählten. Wenn sich das schon die respektablen "Alten" nicht mehr länger ansehen wollen, werden sich kaum Neue finden. Tübingen sei, so sagt ein kommunalpolitisches Urgestein außer Dienst, zur "Hauptstadt des Mobbings" geworden. [...] Kein Zorn da, noch nirgends.

Aber selbst in hochrangigen Verwaltungs-Kreisen hört man unter der Hand Respekt für den Don Quichotte von der Linken, Anton Brenner: "Der hat wenigstens die Kuttel ... " Brenner hatte sein Damaskus-Erlebnis bei der BRS-Behandlung des manchmal etwas tollpatschigen (und längst ruhiggestellten) Eugen Höschele: Der CDU-Gegner wurde ihm zum Opfer. Seither wütet der katholisch-kommunistische Moralist gegen das "System BRS". Es geht die Mär, dass schon überfraktionell vereinbart wurde, den Sitzungssaal bei der nächsten inakzeptablen OB-Attacke auf Gewählte geschlossen zu verlassen. Bisher blieben aber die Pappenheimer immer noch sitzen. Die SPD-Fraktion, nebenbei, hat ihre Reputation verspielt. Sie ist zum fügsamen BRS-Verein verkommen und weiß sich darin gedeckt von der handzahmen lokalen Tagespresse. Die Quittung wird im Juni auf den Wahlzetteln stehen. Und die Genossen werden es auf Schröder schieben können. mab

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