Freitag, 9. April 2004
Sepp Wais und Eckhard Ströbel: Presse-Scharfrichter im Auftrag der Oberbürgermeisterin Russ-Scherer.
Öffentliche Hinrichtung. Kritiker der Rathausspitze werden im Schwäbischen Tagblatt (Amtsblatt) seit Jahren von den beiden Lokalredakteuren Sepp Wais und Eckard Ströbel lächerlich gemacht. Vor drei Jahren traf es Hans Schreiber, den Einzigen in der SPD-Fraktion, der sich noch kritisch über die Oberbürgermeisterin äußerte. Danach hat er sich zurückgehalten. Kritiker der Oberbürgermeisterin gehen in Tübingen ein großes Risiko ein. Jetzt traf es Heinz Stenz, weil er schon öfters mit der Tübinger Linken gegen den Blödsinn der Oberbürgermeisterin gestimmt hatte. Statt seinen Mut, die unmöglichen Zustände in der Verwaltung offen beim Namen zu nennen, zu loben, rächten sich die Vertrauten der Oberbürgermeisterin auf ihre Art. Oskar Lafontaine nannte diese Art von Journalismus vor Jahren „Schweinejournalismus“:

Schwäbisches Tagblatt. 01.04.2004
Peinlicher Ehrenkäs. Der Absturz von Amtsleiter a.D. Heinz Stenz

Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen der Kommunalpolitik, dass sich die in Ehren ergrauten Täter vom Tatort ihrer amtlichen Blütezeit fern halten. ... Im Prinzip aber ist es für alle Beteiligten sicher besser, wenn sich die Ehemaligen aufs Altenteil zurückziehen und ihren Nachfolgern nicht ins Handwerk pfuschen. Ansonsten kann es leicht peinlich werden – wie am vergangenen Montag beim ersten großen Auftritt von Heinz Stenz im Tübinger Rat.
... Hätte er doch, was gerade sehr in Mode ist, über den Dreck in der Altstadt geklagt. Oder über die Finanznot. Tausend Themen hätte er in seiner Jungfernrede ansprechen dürfen – aber nicht dieses: den Verfall der ruhmreichen Tradition des Tübinger Standesamtes. Der überraschende Vorstoß war formal korrekt gekleidet in die Anfrage, ob sich die Eingliederung des Standesamtes in den Fachbereich „Bürgerdienste“ und der damit verbundene Umzug vom Rathaus in die Fruchtschranne „aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen sowie zum Wohl der BürgerInnen als sinnvoll erwiesen“ hätten.
Die Antwort lieferte Stenz in seinen umfänglichen Ausführungen gleich mit: Natürlich nicht – „die früheren KollegInnen sind frustriert und völlig demotiviert“. Worauf prompt die Überleitung zum Ach-wie-war-es-doch-vordem folgte: Da waren die Mitarbeiter bei „sehr gutem Betriebsklima“ noch „hochmotiviert“ und die Bürger fühlten sich im Standesamt „gut aufgehoben“. ... Stimmt – und stinkt wie ehrenkäsiges Eigenlob! Warum nur hat sich niemand in der WUT-Fraktion des Kollegen erbarmt und bei Gelegenheit dessen unbestrittene und unvergessene Meriten gerühmt? Gerade Heinz Stenz hätte es verdient, dass man ihn vor dem Absturz in höchste Peinlichkeit bewahrt. So aber blieb den WUT-Räten nichts anderes als den übrigen Zuhörern in der Runde: Sie senkten ihre Häupter bedrückt auf die Bank, verdrehten ihre Augen zur Decke, feixten heimlich mit ihren Nachbarn – und warteten verschämt darauf, bis das Denkmal mit seiner Demontage fertig war.
Sepp Wais

Sepp Wais hätte auch berichten können, dass der SPD-Stadtrat Heribert Weber sich demonstrativ erhob, mit dem Hintern zum Gemeinderat an die Plakatwand neben der Oberbürgermeisterin stand, die Hände in den Hosentaschen. Erst auf den Zuruf von Stadtrat Anton Brenner: „Hände aus dem Sack, Herr Weber!“ beendete er seine Demonstration und schlich auf seinen Platz zurück.

Anders berichtete das Tübinger Wochenblatt am 7. April 2004:
„Da hat sich ein Mann im Gemeinderat zu Wort gemeldet, der als städtischer Beamter was galt, geschätzt, vielleicht sogar ein bisschen geliebt wurde als das menschenfreundlich-unkonventionelle Gesicht der Obrigkeit. ... Der Ausfall des politischen Nicht-Profis Heinz Stenz ließ sich natürlich locker verhöhnen und lächerlich machen – geschenkt, und schon auch ein wenig schäbig. ... Und man kann nebenbei wahrnehmen, dass auch er den Finger in eine Wunde gelegt hat, die bestimmt nicht nur „die Globalisierung“, die „harten Zeiten“ und der vermeintliche Zwang zu kalter betriebswirtschaftlicher Effizienz in seiner früheren beruflichen Lebenswelt gerissen haben. Vor Ort wird exekutiert – so oder anders. Und die Pinselstriche fügen sich zu dem Bild, die Stimmen, auch die schrägen, zum Chor.“

Am 1.4.2004 hatte auch Stadtrat Anton Brenner Stellung bezogen:
„Peinliche Presseattacke gegen Heinz Stenz

Was ist aus dem Schwäbischen Tagblatt geworden?

Weil der WUT-Stadtrat und langjährige Leiter des Tübinger Standesamt es wagte, die katastrophale Stimmung unter den Beschäftigten der Stadt Tübingen anzusprechen, versuchte der Rathausberichterstatter Sepp Wais ihn lächerlich zu machen. Besonders geärgert hat die Tagblatt-Berichterstatter Wais und Ströbel, dass Heinz Stenz zusammen mit Stadtrat Bosch schon mehrfach mit der Fraktion der Tübinger Linken / PDS gestimmt hat, - nicht zuletzt beim größten Flop der Oberbürgermeisterin, dem fast leerstehenden Technologiepark Obere Viehweide.

Als vor drei Jahren SPD-Stadtrat Schreiber noch wagte, die Oberbürgermeisterin zu kritisieren, wurde auch er von Sepp Wais im Schwäbischen Tagblatt lächerlich gemacht. Die Einschüchterung hat bei ihm ebenso gewirkt wie beim Bürgermeister Eugen Höschele.

Die Mitglieder unserer Fraktion sind es gewohnt, dass die beiden Rathausberichterstatter weder Häme noch Diffamierung scheuen, wenn sie über uns berichten.

Fast byzantinisch feiern sie jedoch die Oberbürgermeisterin und ihren FDP-Stadtrat Dietmar Schöning. In Verzückung geraten sie bei Berichten über den Lieblingsarchitekten der Oberbürgermeisterin, den neuen FDP-Kandidaten Eble.

Der stellvertretende Chefredakteur Ströbel pflegt in der Redaktion zu prahlen: „Wir berichten nicht über die Politik, wir machen Politik.“

Viele Stadträte lassen sich von der Oberbürgermeisterin und den Tagblattberichterstattern Wais und Ströbel einschüchtern, da sie Angst davor haben, bloßgestellt zu werden.

Die Mehrheiten, die in diesem Duckmäuserklima zustande kamen, haben für Millionen Fehlinvestitionen und Millionen für törichte externe Beratung gesorgt. Bezahlt haben die Kinder und jungen Familien.“

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Donnerstag, 8. April 2004
Kreisecke: Soziale Kommunen
Schwäbisches Tagblatt, Di 30.3.2004

Gerhard Bialas

Gerhard Bialas, Kreisrat von TÜL / PDS

"Wir fordern von Stadt, Kreis und Land, die kurzsichtige Sparpolitik mit Blick nur auf den nächsten Haushalt zu beenden und dafür zu sorgen, dass die Strukturen der Sozialarbeit erhalten bleiben und langfristig gesichert werden" (aus Flugblatt: Paritätischer Wohlfahrtsverband und Sozialforum Tübingen vom 24. März 2004). Dem kann ich als Stadt- und Kreisrat der TÜL/PDS vorbehaltlos zustimmen. Das war auch der Inhalt unserer Anträge zum Haushalt 2004, und so wird es für 2005 genauso sein. Attac Tübingen schreibt in einer Auflistung der Lügen zur Schröder'schen Agenda 2010: "Was wir derzeit erleben, ist ein Generalangriff auf die sozialen Grundlagen in unserem Land. Gesundheitssystem, Rente, Arbeitsmarkt, Arbeitslosenversicherung, soziale Einrichtungen, Bildung, Privatisierung in den Kommunen." Wir können nicht zulassen, dass unten die Kommunen gezwungen werden, mit dem Rotstift zu reagieren, während oben Steuergeschenke verteilt werden.

Das hat kritische Sozialdemokraten und Gewerkschaftler gegen die vereinigte Koalition der Agenda-2010-Scharfmacher von CDU bis SPD auf den Plan gerufen. Die Gewerkschaft Ver.di ruft zusammen mit anderen Organisationen zur großen Demonstration am 3. April nach Stuttgart. "Damit es endlich besser wird", ist es nötig, dass sich zahlreiche kommunale Mandatsträger daran beteiligen und in Gemeinderäten und Kreistagen mit dem Sozialabbau Schluss machen. Nur mit starken Protesten unten wird oben was verändert.

Allüberall ist von Personalabbau die Rede (und wird eifrig praktiziert), was die Steuer-und Kaufkraft weiter schwächt. Darum jetzt aufsteh'n für mehr und gesicherte Arbeitsplätze und für soziale Gerechtigkeit! Die Hartz-Gesetze müssen zurückgeschraubt werden, die Agenda 2010 muss weg! Wir dürfen nicht zulassen, dass mit einer Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe die Kommunen noch weiter belastet werden. Und damit die sozial Betroffenen.

Wo wir auch hinschauen: Überall Betroffenheit über die Sparerei am falschen Ende. So auch vor ein paar Tagen bei der Jahreshauptversammlung des Sportkreises Tübingen, der Vereinigung der Sportvereine. Da wurde angemahnt, besonders die Jugendförderung im Sport als soziale und gesundheitsfördernde Maßnahme nicht zu vernachlässigen.

Als Gärtner und Imker hätte ich viel lieber über den Frühling geschrieben. Und seine Musik - dem Summen der Bienen. Anstatt mich mit der lästigen kommunalen Pleite herumzuärgern. Leider. Protest tut Not gegen den Abbau sozialer Strukturen. Die italienischen Gewerkschaften haben mit ihren Leuten gegen ihre Regierung den Generalstreik durchgeführt. Das wäre auch bei uns sehr angebracht!

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Presse: Übrigens ... Langsam wächst eine Bewegung
Schwäbisches Tagblatt, Fr 2.4.2004

Es ist noch keine 15 Monate her: Mehr als 2000 Demonstranten auf dem Tübinger Holzmarkt, Beifall für die Politik der Bundesregierung. SPD und Grüne sollten konsequent bleiben und sich dem bevorstehenden Angriff der USA auf den Irak verweigern, hieß es. Das war bundesweit eine der ersten großen Demonstrationen gegen den Irakkrieg und ein Vorbote für den folgenden weltweiten Protest-Frühling.

Eine ähnliche Zahl von Demonstranten wird sich morgen früh von Tübingen aus wieder auf den Weg zu einer Demo machen - zum "Protesttag gegen Sozialabbau" in Stuttgart. Die Veranstalter rechnen insgesamt mit mehreren zehntausend
Teilnehmern (siehe Seite 23).

Teilweise werden morgen sogar dieselben Leute demonstrieren wie damals im Januar 2003. Trotzdem ist vieles anders. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich das Pfeifkonzert vorzustellen, wenn auch diesmal ein Redner die Bundesregierung loben sollte. Was ist passiert?

Vor einem Jahr verkündete der Bundeskanzler seine "Agenda 2010" und behauptete, dazu gebe es "keine Alternative". Und zunächst sah es so aus, als ließen sich die meisten davon überzeugen. Im Mai 2003 riefen die Gewerkschaften zu einem ersten großen Protesttag gegen die "Agenda" - und kaum einer kam. Selbst in der Metaller-Hochburg Reutlingen Bosch!) standen keine 500 Leute auf dem Marktplatz. Ähnlich war es in anderen Städten, so dass DGB-Chef Michael Sommer kleinlaut eine "Protestpause" verkündete.

Doch bereits im Herbst wurde der Unmut vernehmlicher. Die hiesigen Globalisierungskritiker (etwa von "Attac") registrieren wachsenden Zulauf. An den Tübinger "Aktionswochen gegen Sozialabbau" beteiligte sich im Oktober ein breites Spektrum von Sozial-Initiativen, linken Aktionsgruppen und Gewerkschaftern. Zum Abschluss fuhren am 1. November zwei Reisebusse aus Tübingen und Reutlingen nach Berlin zur bundesweiten "Demonstration gegen Sozialkahlschlag". Dort zogen 100 000 durch die Straßen - eine Zahl, die wohl niemand erwartet hatte. Am wenigsten die Gewerkschaftsführungen, die diese Aktion schlicht verschlafen hatten.

Diesmal ist es anders herum. Morgen haben die Gewerkschaften das Heft fest in der Hand. Sie stellen die Logistik und kontrollieren die Redelisten. "Attac" und andere werden wieder zum "Umfeld" herabgestuft, auch wenn in Tübingen und Reutlingen enge Kontakte zwischen Gewerkschaften und Globalisierungskritikern bestehen.

Da braut sich eine neue Protestbewegung zusammen. Gewerkschafter in der Region berichten, dass ihnen die Leute wegen des morgigen Protesttags die Bude einrennen - auch Leute, die noch nie zuvor auf einer Demo waren. Vor allem der SPD (mehr als den Grünen) droht hier Ungemach, ist es doch ein Teil ihrer bisherigen Basis, den es nun auf die Straße treibt.

Eine mögliche neue Linkspartei, über die zuletzt in den bundesweiten Medien viel spekuliert worden ist, ist in der Region aber bisher kein Thema. Das mag auch daran liegen, dass diese Lücke die Tübinger Linke/PDS besetzt hält. Dass auf dieser Liste (aber nicht bei der SPD) auch Personal- und Betriebsräte des größten Dienstleistungs- und des größten Industriebetriebs kandidieren (Uniklinikum und Walter AG), müsste bei den führenden Sozialdemokraten die Alarmglocken läuten lassen. Die morgige Demo wird kaum zu ihrer Beruhigung beitragen. Michael Hahn

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Presse: Übrigens ... Vor und nach der Sitzung
Schwäbisches Tagblatt, Do 1.4.2004

Die Fragestunde ist im Tübinger Gemeinderat seit jeher ein Instrument der kleinen und weniger mächtigen Gruppen, jener Fraktionen, die sich in Opposition zur Ratsmehrheit oder zur Stadtverwaltung sehen. Wenn jemand über die Jahre Buch geführt hätte, wäre nachzulesen, dass Vertreter von FL, TÜL/PDS (früher DKP) oder AL häufiger Fragen stellten als ihre Kollegen von UFW, SPD oder CDU.

Ihre Sternstunden hatte die Fragerunde in den frühen 80er-Jahren, als alternative und kommunistische Stadträte den Alleinvertretungsanspruch der Rats-Honoratioren in Frage stellten. Auch die Stadtverwaltung trug mit eigenwilliger Auslegung der Geschäftsordnung dazu bei, dass den respektlosen Polit-Anfängern anfangs nur jene Rechte gewährt wurden, die ihnen nicht vorzuenthalten waren.

Die Neulinge tricksten: Sie wahrten die obligatorische Frageform und nutzten die Bühne, um Neuigkeiten publik zu machen ("Trifft es zu, dass ...?"), oder zu Themen Stellung zu nehmen ("Teilen Sie meine Meinung, dass ...?"), die nicht offiziell zur Debatte standen.

Zwanzig Jahre, nachdem der Streit um Geschäftsordnung, Minderheitenrechte und Öffentlichkeit - jedenfalls in Tübingen - ein akzeptables Ende fand, stellte TÜL/PDS-Stadtrat Anton Brenner mit elf umfangreichen Fragen einen Allzeit-Rekord auf. Er fragte zum x-ten Mal nach externer Beratung, Technologiepark, Großsporthalle und Südstadt-Parkhäusern, nach Depot, Leitbildprozess, Wirtschaftsförderung, Wissenschaftsstadt und anderem mehr.

Wenn er denn will, kann Brenner die Antworten im Haushaltsplan nachlesen. Aber es geht ihm um Wahlkampf-Munition. Er will die Oberbürgermeisterin und den Rat öffentlich vorführen. Brenners Aktion folgt diesem Muster: Man packe mehrere missliebige Themen in einen Sack und frage nach den Kosten. Je höher die Summe, desto triumphierender der Auftritt: So viel Geld gebt ihr für diesen Mist aus!

Brenner müsste seinen verbissenen Kleinkrieg gegen Rat und Verwaltung nicht in der Fragestunde austragen, denn anders als vor einem Vierteljahrhundert stehen die kontroversen Themen heute ständig auf der Tagesordnung und werden dort lang und breit erörtert.

Die Stimme von Brigitte Russ-Scherer wurde heiser, als am Montag ihre Geduld wieder einmal auf die Probe gestellt wurde. In solchen Situationen wünscht man sich, die OB würde die Zahlen ohne rechtfertigende Umschweife und ganz gelassen einfach nur nennen. Das TAGBLATT kommt auch damit zurecht, dass es präventiv beschimpft wird. Er gehe davon aus, dass die Presse über seine Anfragen nicht berichte, donnerte Brenner schon drei Tage vor der Sitzung (siehe Leserbriefe), "der Nachrichtenboykott ist fast perfekt". Eckhard Ströbel

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Presse: Busse und Züge zum "Protest gegen Sozialabbau"
aus dem Schwäbischen Tagblatt vom Freitag, 2.4.2004:

"Für Bernd Melchert, den Betriebsratsvorsitzenden der Tübinger Walter AG, richtet sich der morgige Protest "gegen die jetzige neoliberale Politik, also auch gegen die SPD". Melchert: "Auch mit dem neuen Parteivorsitzenden
wird das nicht besser." Vom Walter-Werkstor wird morgen ein eigener Bus nach Stuttgart fahren."

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Freitag, 2. April 2004
Russ-Scherer sorgt für Verdruss und Scherereien, aber nicht bei allen.

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Anton Brenner fragt, Brigitte Russ-Scherer ist genervt und Gerd Weimer hat keine Ahnung
Gelesen im Reutlinger Generalanzeiger, 31.3.2004:

Tü-Arena - Bürgermeister bleibt konkrete Zahlen schuldig, will sie aber nachliefern. Im Haushalt sind zwei Millionen Euro durch private Zuschüsse eingeplant


Sponsoren für Sporthalle fehlen


TÜBINGEN. Wie teuer kommt Tübingen die neue Sporthalle? Was muss die Rathaus-Spitze den Stadträten mitteilen? Mit Befremden nahmen die Räte bei der Sitzung am Montag zur Kenntnis, dass Bürgermeister Gerd Weimer bei der Frage nach eingegangenen Sponsoren-Geldern konkrete Zahlen schuldig blieb.


Anton Brenner wollte es genau wissen. Für die Fragestunde hatte der PDS/TÜL-Rat die Verwaltung mit Anfragen eingedeckt und schriftlich detailliertes Zahlen-Material zu Kosten für externe Beratung, Technologie-Park, Parkhäusern, zur Bewerbung um den Titel »Stadt der Wissenschaft« und ähnlichem verlangt. Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer reagierte sichtlich genervt.

Die meisten Zahlen hätte Brenner aus dem Haushalt und aus unzähligen Ratsvorlagen selber raussuchen können, ärgerte sich die Rathaus-Chefin. Auch in anderen Fraktionen wurde Kritik laut an Brenners Vorgehen. Kurt Sütterlin (FDP) fand die lange Liste »unerträglich«. So könne man eine Verwaltung auch tageweise lahm legen, hielten Ratskollegen dem PDS/TÜL-Mann vor.

Als Brenner wenig später wissen wollte, wie es mit der Finanzierung der Sporthalle (Tü-Arena) aussieht, die gerade im Bau ist, entschied sich Bürgermeister Gerd Weimer für allgemeine Ausführungen: Im Haushalt seien zwei Millionen Euro aus Spenden vorgesehen. Kommt die Summe nicht zusammen, muss die Stadt Grundstücke verkaufen. »Die Bemühungen um einen Namens-Sponsor laufen.« Doch die Lage sei nicht einfach.

AL-Rätin Margarethe Gönner wunderte sich. Ihr habe man die Frage, wie viel bisher zusammengekommen ist, im vorigen Jahr anstandslos beantwortet und den damaligen Zwischenstand mitgeteilt. Als Weimer nicht reagierte, hakte auch Hans Kost (CDU) nach: »Wie viel Sponsoren-Geld ist eingegangen?«

Doch diese Zahlen hatte der Bürgermeister nicht rausgesucht. Jetzt warten die Stadträte auf Donnerstag. Da tagt der Kultur- und Sport-Ausschuss. Weimer zurückhaltend: »Wir können versuchen, das bis dahin abzuklären.«

Die TÜL/PDS-Fraktion zeigte sich besser vorbereitet und verteilte im Anschluss an die Fragestunde eine Pressemitteilung, in der es hieß: »Der Förderverein Tü-Arena steht im Wort. Ein Drittel der Kosten - 2,83 Millionen Euro - müssen aufgebracht werden. Es wäre unverantwortlich jetzt aufzugeben.« Brenner und Co. wollen im Wahlkampf Spenden sammeln und betonen: »Obwohl wir die Kosten-Überschreitung um über 50 Prozent nicht mitgetragen haben, tun wir nun alles, damit die Stadt tatsächlich nur ein Drittel der Kosten tragen muss.« (-jk)

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