Freitag, 16. April 2004
Leserbrief: "Wegbereiter von Nazi-Verbrechen"
veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am Mittwoch, 14.4.04

Zum 100. Geburtstag von Ex-Bundeskanzler Kiesinger habe ich hier an ihn ein paar persönliche Erinnerungen. 1956 zog Familie Kiesinger ins Haus an der oberen Ecke Goethestraße/ Untere Schillerstraße. Bei einer Landschaftsgärtnerei beschäftigt, brachten wir dort den Garten in Ordnung. Kiesinger ließ sich von mir Pflanzen erklären, da er von Botanik leider sehr wenig Ahnung habe. Das fände ich schade, sagte ich ihm, denn das wäre doch ein schöner Ausgleich zu seiner schweren parlamentarischen Arbeit (als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags). Es war ja die hohe Zeit des Kalten Krieges und der Wiederaufrüstung, denn am 17. August 1956 wurde die KPD verboten. Der ich damals angehörte.

Zu dritt da beschäftigt, wollte Kiesinger von uns wissen, woher wir stammten, und, da aus dem Osten, ob wir nicht wieder zurück wollten? Er war wohl sehr enttäuscht darüber, dass wir ihm sagten, wir würden hier bleiben und hätten uns gut eingelebt. Er meinte, dann müsse man wohl eines Tages einen Aufruf ans deutsche Volk machen, zur Wiederbesiedlung der deutschen Ostgebiete.

Dann wurde Kiesinger 1958 Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Ab da stand an den Eingängen zum Grundstück an der Goethe- und der Unteren Schillerstraße je ein Polizist zum Wache schieben. Der Fahrer seines Dienstwagens wartete draußen mitunter sehr lange auf seinen Herrn. Aber immerhin durften wir bei Bedarf auf seine Toilette. Seine Frau Marie-Luise brachte uns zur Vesperzeit um 9 Uhr 'ne Flasche Bier und Zigaretten. Wenn's draußen kalt war, in den Heizraum.

Nach dem KPD-Verbot bildete sich die politische Vereinigung "Aktion demokratischer Fortschritt - ADF", um an den nächsten Landtagswahlen teilzunehmen. Für diese leitete ich mal 'ne Wahlversammlung in einem Dorf bei Tübingen, an der mit einer Gruppe Jugendlicher auch Kiesingers Sohn teilnahm. Ob's das war? Jedenfalls kam ab da unsere Firma nicht mehr in Kiesingers Garten. Das machten dann Gärtner aus der "Wilhelma". War ich denn damals schon so "gefährlich"?

Nachzutragen ist: In nichtöffentlicher Sitzung beschloss der Tübinger Gemeinderat das ehemalige prominente Mitglied der NSDAP und Ex-Bundeskanzler Dr. h. c. Kurt Georg Kiesinger zum Ehrenbürger Tübingens zu machen. Jedenfalls haben wir damaligen DPD-Stadträte an dieser Verleihung des Ehrenbürgerrechts am 6. April 1979 nicht teilgenommen und stattdessen dagegen öffentlich protestiert. Übrigens gab es in Tübingen am Tag dieser unrühmlichen Verleihung eine antifaschistische Kundgebung gegen die Verjährung von Nazi-Verbrechen. Sehr widersprüchlich empfinde ich es, dass die Tübinger OB Russ-Scherer zwar die Heimkehrertafel mit Kriegsverbrechern drauf abhängen ließ, jetzt aber dem propagandistischen Wegbereiter von Nazi-Verbrechen zum 100. einen Kranz niederlegte. Fazit: Ehrenbürgerverleihungen sollten im Tübinger Rathaus nie mehr in nichtöffentlichen Sitzungen ausgekungelt werden.

Gerhard Bialas, Stadtrat der TüL/PDS, Tübingen, Weißdornweg 11

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Leserbrief: Stadtwerke, Standesamt, Bahnhofsmission und TüArena
veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt vom Dienstag, 13.4.04

Meine über 80-jährige Nachbarin bekommt ein Schreiben von den Tübinger Stadtwerken, sie solle ihren Zähler bitte selbst ablesen. Der Grund: "Personalengpass". Die Stadtwerke haben jetzt zwar drei Geschäftsführer aber niemand mehr, der den Strom abliest.

Wer solchen Blödsinn nicht mitmacht, im Gemeinderat kritisch nachfragt und nicht nach der Pfeife der Verwaltung tanzt, wird vom Tagblatt immer öfter böse abgestraft. Jetzt hat es Herrn Stenz erwischt. Der wackere WUT-Kollege mit eigenem Kopf wagte es, Frau Oberbürgermeisterin's Hang zur Doppelstruktur in Frage zu stellen. Redakteur Wais diskreditierte den früheren Amtsleiter - statt sachlich zu berichten. Dieser hatte wissen wollen, warum man nur wenige Meter voneinander entfernt zwei Standesämter in der Altstadt unterhalte - eines im Rathaus und zusätzlich eines im neuen Bürgeramt. Bei anderen Ämtern wird gespart, warum wird hier geklotzt?

Selbst die kleine Tübinger Bahnhofsmission wird von der rotgrünen Russ-Mehdorn-Connection ausgetrocknet. Auch die Bahnfreunde der AL stimmten zu. Bei Vereinen und Initiativen werden noch mal 5% gekürzt. Bei Kindergärten plant eine kinderfeindliche SPD-Frauenriege neue Belastungen der Eltern. Waldsportpfad und Kinderspielplätze verrotten.

Die Bezuschussung von Sporteinrichtungen in den Stadtteilen, wie an der Grundschule Pfrondorf, werden gezielt ausgesetzt, um zusätzliches Geld für die TÜ-Arena zu organisieren. Das Geld von Großspendern bleibt aus. Auch hier gilt: wenn mein Fraktionskollege Anton Brenner nachfragt, wie viel der 2,8 Millionen eingeplanten Sponsorengelder eingegangen sind, verweigert die Verwaltungsspitze die öffentliche Antwort. Wie bei der Finanzierung Obere Viehweide hat sich die Gemeinderatsmehrheit verschaukeln lassen. Wie bei der Oberen Viehweide besteht die Gefahr, dass die Stadtkasse für das große Loch aufkommen muss - zu Lasten von Schulen und Kindergärten. Deshalb Sponsoren vor! Obwohl wir die Kostenüberschreitung nicht mitgetragen haben, treten wir dafür ein, dass die versprochene Drittelfinanzierung der Halle klappt und sich nicht als Betrug herausstellt.

Gerlinde Strasdeit, Stadträtin der Tübinger Linken / PDS

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Leserbrief: Kranzniederlegung für Kiesinger
veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt vom Samstag, 10.4.04

Vor einem Monat ist die deutsch-französische Journalistin Beate Klarsfeld zu Gast im LTT, eingeladen im Rahmen der offiziellen Veranstaltungen zum Frauentag, unter der Schirmherrschaft von OB Russ-Scherer. Sie spricht engagiert über ihre antifaschistische Arbeit, bekannt geworden ist sie durch die Ohrfeige für Kiesinger wegen seiner Nazi-Vergangenheit. Großer Beifall im LTT.

Am Dienstag nahm Frau Russ-Scherer an einer Kranzniederlegung für Kiesinger teil. Ein Schlag ins Gesicht von Frau Klarsfeld. Daß von der CDU im Land nichts anderes zu erwarten ist, die sich nie gescheut hat, Filbinger und Kiesinger für ihre "besonderen Verdienste" zu ehren und würdigen, ist mittlerweile klar, aber daß eine SPD Oberbürgermeisterin den 100. Geburtstag von Kiesinger begeht, ist nicht nachzuvollziehen. Als Bürgerin dieser Stadt finde ich diese Ehrung beschämend.

Kiesinger war stellvertretender Abteilungsleiter an der Schnittstelle zwischen Außenministerium und Goebbels Propagandaministerium und war nur kurz nach der Machtübernahme Anfang 1933 bereits NSDAP-Mitglied. Da sei das Gedenken den Angehörigen überlassen, die ihm persönlich verbunden waren. Beate Klarsfeld sagte zu der Ohrfeige damals u.a.: "Die Ohrfeige galt allen Kiesingers und Thaddens, die Demokratie sagen, wenn sie Notstandsdiktatur meinen, die Frieden sagen, wenn sie mehr Waffen kaufen, die Versöhnung sagen, aber die Grenzen in Europa nicht anerkennen wollen." Was wird Beate Klarsfeld wohl jetzt sagen, wenn sie von der Tübinger Ehrung Kiesingers durch OB Russ-Scherer erfährt?

Heike Hänsel, Am Lustnauer Tor 4, 72074 Tübingen

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Leserbrief: Zum Gedenken an K.G. Kiesinger
veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt vom Samstag, 10.4.04

Peinlich, Peinlich! Da dachte ich in Deutschland habe man endlich mit dem braunen Teil der Geschichte gebrochen, leider ein Irrtum. Mit K.G. Kiesinger wurde nicht nur ein Alt-Bundeskanzler, sondern auch ein Alt-Nazi geehrt. Nicht irgendein kleiner Fisch, sondern Mitarbeiter im nationalsozialistischen Außenministerium und zuständig für die Auslandspropaganda. Schlimm genug das so jemand noch Ministerpräsident und Bundeskanzler werden konnte, wenn aber heute solch eine Personen von der Landes- und Bundes-CDU, der Stadt Tübingen (in Person von OB Russ-Scherer) und der Verbindung Alamannia immer noch geehrt wird, dann zeigt das, dass einige Leute aus der Geschichte immer noch nichts gelernt haben oder nichts lernen wollen. Kiesinger wurde für die Verbrechen an denen er mitgewirkt hat nie zur Rechenschaft gezogen, die Journalistin Klarsfeld die ihn 1968 vor laufenden Kameras ohrfeigte zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Für mich als Antifaschisten gilt jedenfalls weiterhin: Keine Ehrung von Nazis! Niemals! Nie mehr! Nirgendwo!

Fabian Brettel, Sprecher von ['solid] Tübingen und Kandidat der TÜL/PDS bei Gemeinderats- und Kreistagswahlen

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Sonntag, 11. April 2004
Arbeitet Russ-Scherer als (Vor-) Zensorin für die Tagblatt-Redakteure Eckhard Ströbel und Sepp Wais?
Folgender Leserbrief stand nicht im Schwäbischen Tagblatt. Redakteur Eckard Ströbel lehnte die Veröffentlichung ab. Eine Person erhielt den Leserbrief jedoch zur Lektüre: Die Oberbürgermeisterin Russ-Scherer. Sie sprach Stadtrat Brenner darauf an. Er habe geschrieben, sie sei mit Architekt Eble durch die Tübinger Kneipen gezogen - und schon habe er den Planungsauftrag für EcoCity in Derendingen erhalten. Da der Leserbrief nie veröffentlicht wurde, muss sie ihn auf dem direkten Weg von der Redaktion erhalten haben. Das nennt man Service: Der Oberbürgermeisterin vorab Leserbriefe zur Zensur vorlegen. Gott sei Dank hat sie so ein gutes Mundwerk, sonst würde man von diesen Zuständen ja nie etwas erfahren. Meister Ströbel erklärt den Vorgang damit, dass er aus presserechtlicher Verantwortung die Tatsachenbehauptung Eble/Russ-Scherer überprüfen musste. Deshalb habe die Oberbürgermeisterin von dem nicht veröffentlichten Leserbrief erfahren.
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13. Mai 2003: Leserbrief zum Bericht über die Gemeinderatssitzung vom 12.5.2003

Rudolf Scharpings Karriere als Witzfigur begann mit der Verwechslung von brutto mit netto. Es gibt eine Partei, in der man damit Parteivorsitzender und Minister werden kann. Eine Art doppelten Scharping lieferte die Tübinger Oberbürgermeisterin am Montag in der Gemeinderatssitzung. Sie erklärte allen Ernstes, die TüArena sei von Anfang an zu Nettopreisen (ohne MWSt.) ausgeschrieben worden. Als ich dann vom Hauptamtsleiter die Original-Brutto-Ausschreibung (incl. MWSt.) vom 6.3.2002 kopieren ließ und im Gemeinderat verteilte, sträubte sich die SPD-Stadträtin Wiedemann derart, als ob sie ein Papier des Leibhaftigen bekäme. Sie und ihre Fraktion wollen nichts sehen, nichts hören und nichts lesen.

"Seit die SPD im Rathaus regiert" (Originalzitat der SPD-Fraktionsvorsitzenden Braungardt-Friedrichs), geht es im Rathaus zu, wie bei Russ-Scherers unterm Sofa. Architekt Eble zieht nachts mit der Oberbürgermeisterin durch die Kneipen und schwups hat er ohne Ausschreibung das neue Großprojekt Eco-City, wie Landschaftsversiegelung auf Neusprech heißt. Dafür werden 2 Millionen Euro städtischer Gelder durch den Schornstein gejagt, wie zuvor 7,5 statt 1,5 Millionen für die Obere Viehweide und über 10 statt der vorgesehenen 6 Millionen für die TüArena. Weil die OB landesweit als Investorenschreck gilt, gammelt das Depotgelände als Visitenkarte Tübingens in der Reutlinger Straße vor sich hin. Jährliche Zinskosten über 150000 Euro. In der Ruine an der Blauen Brücke wäre längst ein C&A, H&M, oder wenigstens eine Disko, wenn die OB-Consores&-Conpatres bei HGV & WUT jemanden, der nach Belebung und Konkurrenz aussehen könnte, nach Tübingen hereinließen.

Die regierende SPD hat die Großprojekte für sakrosankt erklärt. Kein Cent darf an der Oberen Viehweide, der TüArena und an Eble-City gestrichen werden. Dafür kürzt die SPD-Stadtregierung bei den bisher noch existierenden Standortvorteilen Tübingens, bei Kinderbetreuung und guten Schulen.

Die Tübinger Finanzkrise ist größtenteils hausgemacht. Die SPD reitet das Ross, auf das sie mit 40 Prozent (Russ-Scherer erhielt im 1. Wahlgang 26%, Hasenclever zuerst 28%, dann 37%), mit CDU-UFW-Hilfe (Weimer) und durch zielstrebige Personalpolitik (Schwarz-Österreicher, Wilke, Fritz) gekommen ist, tot.

Anton Brenner, Stadtrat der Tübinger Linken

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Mittwoch, 31. März 2004
Förderverein TüArena sammelt 2,83 Millionen
20 000 für externe Berater, 210 000 für Mietsubventionen, 2,83 Millionen fehlende Sponsorengelder. Kein Thema für die Presse? Anton Brenner schreibt in einem Leserbrief dazu:

Etwa 20 000 Euro kostete die Bewerbung Tübingens als Wissenschaftsstadt 2005. Da die Pressesprecherin der Stadt alle Hände voll zu tun hatte, die dienende Funktion der Presse durch Presseclubgespräche in der Hägnachhütte zu sichern, musste teure externe Beratung und Formulierungshilfe eingekauft werden. Der Knaller des Konzepts war ein Haus des Wissens im Haus des Obernazis und Ehrenbürgers Theodor Haering. Fundamentales Wissen, wie man Kuchen backt und „warum man Bäume im Winter fällt“ (Russ-Scherer) sollte darin den nachfolgenden Generationen übermittelt werden.
Dieser Kelch ging an uns vorüber. Nicht erspart bleiben uns weitere 210 000 Euro Mietausfall pro Jahr durch die Insolvenz des Technologieparkstars Sympore. Wir hatten angemahnt, die L-Bank möge doch selbst für den Mietausfall aufkommen, da sie selbst den Mieter Sympore über den Jordan geschickt hat. Die Stadt war folgsam und hat nachverhandelt, aber nur 25% herausgeholt.: 70 000 das Land, kommunal nur noch 210 000, immerhin!
Ein Drittel der TüArena, das sind 2,83 Millionen netto, wird von Sponsoren finanziert. Wie viel davon bisher gesammelt ist, gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen Tübingens. Auch auf andere Fragen nach Zahlen bekam ich am Montag keine Antwort: Die Kompetenzcenter, Controller, Benchmarker und die Führungsunterstützung müssen sich erst einarbeiten. Um dem Förderverein TüArena Mut zu machen, werden wir im Wahlkampf sammeln. Wir bitten auch die anderen Parteien, mitzuhelfen. Gemeinsam werden wir es schaffen! Sonst müssten weitere Einschnitte im Bereich Kultur und Bildung, den eigentlichen Standortfaktoren Tübingens, hingenommen werden. Es ist eine Frage der Ehre, dass die beschlossene Drittelfinanzierung kein Mittel zum Wähler- und Selbstbetrug war, sondern klappt.

Anton Brenner
Stadtrat der Tübinger Linken / PDS

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Dienstag, 30. März 2004
Leserbrief: Russ-Scherers Kulturpolitik
veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt vom Di 30.3.2004

Am laut Christoph Müller "großen, einzigen Tag vor der Kommunalwahl, an dem es um Kultur geht", beklagte Frau Sturm, ein "Klima, verbittert und voll Gift und Galle". Zur Ehre dieser Stadt sei gesagt, dass dies nicht tübingen-typisch, sondern erst seit wenigen Jahren so ist, mit zunehmender Tendenz. Wer - wie es Herr Müller im TAGBLATT vom 23. März tat - die Kulturschaffenden einteilt in diejenigen, die "über den Tellerrand hinauszielen" und diejenigen, die das angeblich nicht tun und wer gar - wie Frau Russ-Scherer - von "Hochkultur" spricht und damit die übrige Kultur als "iedrig"abwertet, trägt kräftig zu diesen Vergiftungen bei.

Unsere derzeitige Oberbürgermeisterin und Kulturpäpstin hat zwar eine Menge Macht und der sich immer häufiger als Kulturpapst verhaltende TAGBLATT-Chefredakteur ebenfalls - aber noch mehr Macht haben wir, das Publikum! Wir pfeifen auf die Unterscheidung zwischen "hoher" und "niedriger" Kultur und nutzen und unterstützen die Kultur, die uns zusagt. Zwar reicht unsere Macht nicht immer aus, um kulturschädliche Handlungen von Frau Russ-Scherer, wie das Verscherbeln einiger Grafiken des Stadtmuseums, zu verhindern. Aber auf anderen Gebieten finden wir doch Wege, die Folgen ihrer Entscheidungen abzumildern: Zum
Beispiel fährt seit der letzten Theatersaison ein jeweils mit 50 TübingerInnen voll besetzter Abo-Bus zu mehreren Aufführungen des Lindenhoftheaters nach Melchingen. Dies setzen wir der Ausladung dieses Theaters, das nach Russ-Scherers Worten "ja nur ein Bauerntheater" ist, aus dem Tübinger Sommertheater entgegen - und hoffen, dass Tübingen in wenigen Jahren wieder ein Stadtoberhaupt hat, das sich für die gesamte(!) Kultur interessiert und nicht eigenmächtig in sie hineinregiert.

Übrigens: Ob der 21. März wirklich der "einzige Tag vor der Kommunalwahl" ist, "an dem es um Kultur geht", bestimmen auch wir, das Wahlvolk.

Dr. Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10

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Dienstag, 23. März 2004
Leserbrief: "Menschlich empörend"
Schwäbisches Tagblatt, Di 23.3.2004

Hier geht es um Tübingens Kulturpolitik im Allgemeinen und um das Verhältnis zwischen der Oberbürgermeisterin und dem Kulturamtschef im Besonderen (siehe auch die heutige 1. Lokalseite).

Die Stadt, in der laut FAZ (zitiert im TAGBLATT vom 18. März) Stadtteilbibliotheken geschlossen und gleichzeitig Referenten für den Wettbewerb "Stadt der Wissenschaft" abgestellt werden, ist ja wohl Tübingen. Man könnte dem noch einiges hinzufügen, zum Beispiel, dass dieser Möchtegern-Wissenschaftsstadt ein Ausflugslokal wichtiger ist als das Heranführen von Jugendlichen an Naturwissenschaften und die ungehinderte Weiterführung der Sternführungen in der Sternwarte; mal sehen, ob nach Öffnung des Lokals noch die Sternführungen für Kinder im Rahmen des Sommerferienprogramms möglich sind!

Noch ein zweites Manko macht Tübingen für eine Wissenschaftsstadt ungeeignet: die große Diskrepanz zwischen vorhandenem Fachwissen und dem Desinteresse der politisch Verantwortlichen, es für ihre Entscheidungen und damit zum Wohle der Bevölkerung zu nützen. Da veranstaltet die HNO-Klinik jährlich einen Anti-Lärm-Tag und informiert über die gesundheitlichen Schäden durch Lärm ? und wie reagiert die Stadtverwaltung darauf? Sie lässt immer noch mehr Lärm zu. Oder: Warum wurden die Astronomen nicht von vornherein wegen der Umgestaltungspläne für die Sternwarte konsultiert? Oder: Was sind dieser Stadt die Fachkompetenz, der Rat und das Engagement der Taubenfachfrau Petra Klingler wert?

Besonders krass tritt diese Diskrepanz zutage beim Umgang der derzeitigen Stadtspitze mit dem Stadtmuseum. Da gibt es zwei Fachleute: die Museumsmitarbeiterin, Frau Fastnacht, und den Kulturamtsleiter, Herr Setzler. Beide werden seit einiger Zeit wie nicht existent übergangen - und dies, obwohl Frau Russ-Scherer durch ihre Beurteilungen der Grafiksammlung und des Stadtmuseums selbst mehrmals demonstriert hat, wie wenig sie davon versteht, ja, dass ihr nicht einmal der Unterschied zwischen einem Museum und einer Ausstellungshalle und der zwischen Kultur- und Kunstgeschichte bewusst ist. Niemand verlangt von ihr, dass sie alles weiß. Aber man erwartet von ihr, dass sie sich Rat holt von den Fachleuten in ihrem eigenen Haus, um dann fachkundig fundierte Entscheidungen fällen zu können. Dass Herr Setzler nicht Mitglied der Delegation war, die Tübingen als "Stadt der Wissenschaft" präsentierte, spricht für sich. Wie Frau Russ-Scherer ihn und seine Mitarbeiter/innen behandelt, finde ich menschlich empörend und für Tübingens Kultur ausgesprochen schädlich.

Dr. Adelheid Schlott, Tübingen, Falkenweg 10

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Montag, 15. März 2004
Weshalb Wickert und Stratthaus so freundlich zu Russ-Scherer sind
Zum trickreichen Leserbrief von Klaus te Wildt (15.3.03)

Der Chefideologe der Rathausmehrheit schreibt: „Mit weichen Standortfaktoren ist niemand zu locken, wenn es nicht auch harte Faktoren, sprich Arbeitsmöglichkeiten gibt.“ Sein Trick: Er erklärt die harten Standortfaktoren zum Ziel. Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen ist jedoch das Ziel, das mit weichen und harten Standortfaktoren erreicht werden soll. Unter harten Standtortfaktoren versteht man die Bereitstellung von Flächen und auch Subventionen. Weiche Standortfaktoren sind maßvolle Steuern und Gebühren, gute Schulen, Kultur und Kinderbetreuung.

Worüber streiten wir? Die große Rathausmehrheit von SPD, CDU, UFW, AL, WUT und FDP sagt: Wir stellen Gelände zur Verfügung (da sind wir noch dabei) und subventionieren den Aufbau des BioTech-Standorts Tübingen. Mit den damit entstandenen 3500 neuen Arbeitsplätzen können wir dann die Kinderbetreuung finanzieren. Da die Kosten für die harten Standortfaktoren aus dem Ruder gelaufen sind, müssen wir eben bei der sozialen Infrastruktur kürzen.
Wir sind für einen Paradigmenwechsel (diesen Begriff verwende ich nur als Dankeschön an Hans Küng für seinen Leserbrief über die Tagblatt-Berichterstattung): Weiche Standortfaktoren wie Kinderbetreuung, gut ausgestattete Schulen und die Uni geben heute den Ausschlag, ob sich High-Tech-Firmen und junge Wissenschaftlerinnen in Tübingen ansiedeln. Hier zu sparen, um im Subventionswettkampf mitzumischen, ist Selbstmord.

Weshalb schaden uns Subventionen?
1. Falscher Zeitpunkt (Gegenteil von Kairos). Fünf vor Zwölf die Spekulationsblase zu bedienen wird mit einer Verlustquote von 95 Prozent oder ewigem Parkauszwang im automatischen Teil des Französischen Viertels bestraft.
2. Umzug und lokale Abwerbung schaffen keine Arbeitsplätze. Die bisherigen gewerblichen Vermieter zahlen dann noch weniger Steuern und müssen Leute entlassen.
3. Wenn Uni-Institutsteile als GmbHs in die Obere Subventionsweide einziehen, zahlt Tübingen an das Land und die Uni über Mietsubventionen. Früher war es umgekehrt. Wenn ich Finanzminister oder Regierungspräsident wäre, verhielte ich mich noch freundlicher zu Brigitte Russ-Scherer als Wickert und Stratthaus.

In anderen Städten vertreten auch Politiker von CDU, SPD, FDP und der Grünen unsere moderne Konzeption und halten von den Subventionen von Gestern nichts mehr. Längst sind vorausdenkende Städte im Wettbewerb um junge Familien mit Kindern. Wo Kinder als Störfaktoren für die Karriere und die Event-Kultur in der Altstadt angesehen werden, geht es etwas länger. Vielleicht bringt der Stimmzettel am 13. Juni einen Stimmungsumschwung?

Anton Brenner
Stadtrat der Tübinger Linken

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Mittwoch, 10. März 2004
Leserbrief: "Erfüllungsgehilfen"
Schwäbisches Tagblatt, Mi 10.3.04

Zum Anpinkeln, sagt der TÜL/PDS-Stadt- und Kreisrat Gerhard Bialas, soll sich die SPD gefälligst einen anderen suchen.

Der SPD-Kreisvorsitzende Rosemann und andere Spezialdemokraten machen immer wieder klägliche Versuche, sich mit Polemiken über die TÜL/PDS aus dem Sumpf ihrer gescheiterten Politik zu ziehen. Die ja von ihnen im Rahmen der Schröder`schen Deform-Agenda 2010 auch hier bei uns durchgepaukt werden soll. Sie machen sich damit zu Erfüllungsgehilfen zur Zerschlagung des Sozialstaates. Übrigens gegen den heftigen Widerstand der Gewerkschaften, die gegen den Sozialabbau zum 3. April in Stuttgart, überall in Deutschland und ganz Europa zu großen Demonstrationen und Kundgebungen aufrufen.

So wird es auch höchste Zeit, dass bei den Kommunalwahlen am 13. Juni weitere kämpferische Gewerkschaftler in den Gemeinderat und Kreistag gewählt werden. Dann werden wir als TÜL/PDS-Fraktion gestärkt gewerkschaftliche Positionen vertreten und auch durchsetzen können.

In den fast 29 Jahren als Stadtrat und vielen Kreistagsjahren habe ich mich dem Bedarf entsprechend für neue Sporthallen und auch für eine Schwimmhalle fürs Schulzentrum im Feuerhägle eingesetzt. So seinerzeit für die Sporthalle Kilchberg/Bühl und für die Weststadt-Turnhalle beim dortigen Schulzentrum. Die ja auch geplant war. Jetzt müssen wir schon froh sein, wenn endlich mal das Kleinspielfeld gebaut würde.

Da die Großsporthalle dort nicht zu verwirklichen war, blieb keine andere Wahl, als sie bei der TSG zu bauen. Und dem habe ich auch zugestimmt. Jedoch nicht dafür, dass sie nun nicht sechs Millionen Euro (wie ursprünglich veranschlagt), sondern zirka neun Millionen Euro kosten wird, mit entsprechend hohen jährlichen Folgekosten im Gefolge. Die Gladiatoren der "TÜ-ARENA" machen schlapp und bekommen ihr Drittel an Sponsorengeldern jetzt nicht (ob überhaupt?) zusammen. (...)

Politisch vertrete ich seit Jahren die Meinung, dass es besser ist, in Sportstätten und Schulen zu investieren, anstatt das Geld für Jagdbomber, Spürpanzer, NATO-Pipelines und anderen Rüstungsschrott sowie für "Bundeswehr in alle Welt" zu versaubeuteln. Da wäre genug da für das, was die Kommunen dringend brauchen. Auch für die Großsporthalle. Sagt das mal eurem Schröder, Fischer, Struck & Co.! Und außerdem: Zum Anpinkeln müsst ihr euch einen anderen Baum aussuchen als mich.

Gerhard Bialas, Stadt- und Kreisrat TÜL/PDS, Tübingen, Weißdornweg 11

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